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Von der Cyrene über Bengasi nach Audjila.

Es war ein entsetzliches Wetter, als wir in der Todtenstadt unser Grab, die Knissieh, verliessen und dann durch die Battus-Strasse die Stadt hinaufzogen und dieser Lebewohl sagten. Wind und kalter Regen stritten darum wer siegen sollte, da aber der Kampf aufs höchste erbittert, immer unentschieden blieb, so hatten wir am meisten davon zu leiden. Sobald wir aus der Umfassungsmauer heraus waren, verfolgten wir einen alten Weg, der in südwestlicher Richtung lief, auch hie und da tief eingeschnittene Spuren der alten Fahrzeuge zeigte, und wie alle auf die Hauptstadt zusehenden Wege rechts und links mit Gräben eingefasst war. Die Gegend war einförmig und einsam, obschon keineswegs der Vegetation entbehrend, und überall zeigte sich fetter rother Thonboden. Ueber 2000' hoch war die Kälte sehr empfindlich, und das monotone Plateau wurde nur ein Mal, eine Stunde von Cyrene entfernt, von einem Uadi, dem Isnait-Thale, welches von S.-O. nach N.-W. streicht, unterbrochen. Nach drei Stunden erreichten wir Safsaf, wo eine der grossartigsten Cysternen die Aufmerksamkeit des Reisenden in Anspruch nimmt. Höchst wahrscheinlich sammelten diese Cysternen, welche das Wasser einer ganzen Niederung aufnehmen, den Regen für Cyrene selbst, da die um die Cysterne liegenden Ruinen nur unbedeutend sind, also so grossartiger Reservoirs nicht bedurften. Wahrscheinlich existirte in alten Zeiten eine Wasserleitung, um das Wasser nach der Stadt zu führen.

Die überdeckten Bogen der Cysterne gewährten nur auf einige Augenblicke Schutz gegen den Regen, zudem drohten die höchsten Punkte in dem Wasserbehälter auch überschwemmt zu werden. Wir beschlossen daher so rasch wie möglich nach dem circa eine Stunde südwestlich davon gelegenen Gasr Gaigab zu gehen, wo wir auf Schutz gegen das immer mehr rasende Wetter hoffen durften. Dem Aduli war dies doppelt lieb, da er dort ganz in der Nähe seine Zelte hatte, er also auf diese Art nach Hause kam.

Ehe wir das Castell Gaigab, worin eine türkische Compagnie lag, erreichten, schickte ich einen Diener voraus, um mich anzumelden und um ein Zimmer bitten zu lassen. Und alsbald kam trotz des Regens der Commandant des Forts uns entgegen, und zwar barfüssig, da er sagte, er habe keine Schuhe oder Stiefeln und seine Pantoffeln seien dem Schmutze nicht gewachsen. Wie sich später herausstellte, hatte er sein Schuhzeug versetzt, um Schnaps kaufen zu können. Aber warum hatte der türkische Kriegsminister ihn und die übrigen Truppen auch monatelang ohne Gage gelassen. Unter vielen Complimenten führte der Hauptmann-Commandant, ein kleiner dicker Mann uns ins Fort, die Thorwache trat ins Gewehr und "Has dur, bsalam dura"[10] rief der Wachcommandant, und freute sich wie ein kleines Kind, mal Gelegenheit zu haben, seine Künste produciren zu können. Von den Soldaten waren auch einige ohne Schuhe, einige sogar um ihre Beine, sans culottes, nicht zu zeigen, hatten den langen Mantel an.

Alsbald wurden wir dann in ein grosses Zimmer gebracht und ein tüchtiges Kohlenfeuer rief bald unsere halb erstarrten Glieder ins Leben, auch eine Tasse guten Kaffees war schon bereit, kurz der Hauptmann war ausser sich vor Freude, in seiner Einsamkeit so unerwartet Gäste bekommen zu haben.

Das Gasr Gaigab selbst, in gerader Linie nur drei Stunden S.-S.-O. von Cyrene gelegen, ist ein regelmässiges Viereck mit vier Eckthürmen, welche das Fort flankiren. Jede Seite der äusseren Mauer ist circa 1000' lang und dieselben sind 25' hoch. Im Innern sind an die 3-4' dicken Mauern zugleich die Baulichkeiten, Casernement, Officierzimmer, Küche, Arsenal und Magazine; das Fort hat für eine Besatzung von 200 Mann immer Proviant auf 1 Jahr, auch ist hinlänglich Pulver und Kugeln vorhanden. Gegen die bloss mit schlechten Steinschloss bewaffneten Beduinen bietet es also hinlänglich Schutz. Auf den vier Eckthürmen stehen zudem je eine mächtige Kanone, wahrscheinlich von einem an der Küste früher ein Mal gestrandeten Schiffe genommen, denn das englische Wappen ist darauf, die Jahreszahl ist aber schon abgerostet und ob dieselben überhaupt noch sehr tüchtig sind, möchte ich sehr bezweifeln.

Wir waren bald heimisch eingerichtet und Abends hatte ich die Ehre mit dem Hauptmann zu speisen, gegen die Sitte der vornehmen Türken waren keine Messer und Gabel vorhanden, jedoch Teller; um nicht unangenehm zu berühren, legte auch ich mein Besteck, das mein Diener mir hingelegt hatte, wieder weg, um nach Adams Manier zu essen. Als er mir aber, um den Mund abzuwischen, sein eigenes schmutziges Taschentuch reichen wollte, dankte ich höflichst und liess mir rasch meine Serviette reichen. Die übrigen Officiere thaten Leporello-Dienste, durften aber nicht mit uns bei Tische essen. Auch erlaubte nie der Capitän, dass einer der Officiere die Gläser füllte (selbverständlich schlechter Araki) und als ich ihm im Scherze mal zurief, den Officieren doch auch ein Glas zu geben, machte er ein Gesicht, als ob er eine Ohrfeige bekommen hätte, und ängstlich die Flasche, als um sie zu schützen, in die Hand nehmend, erwiederte er, sie tränken nie. Die armen Effendi, wie gern hätten sie auch wohl ein Glas genommen, aber wenn es dem Commandant möglich war, trotz der Soldlosigkeit, sich Geld oder Credit für Araki zu erschwingen, so vermochten das die übrigen Officiere doch nicht, indess rächten sie sich nachher, denn der Hauptmann zechte, so lange, bis er aus meinem Zimmer herausgetragen werden musste, und nun liessen die beiden anderen Effendi schnell den Rest der Flasche in ihre durstigen Kehlen verschwinden und stellten dann die leere Flasche an die Lagerseite des sorglos, aber laut schlafenden Commandanten.

Wie gross war aber der Schrecken des Hauptmanns, als er am andern Morgen erfuhr, ich besitze gar keinen Schnaps, er hatte nämlich bloss so stark seinem Araki zugesprochen, dann auch mir einige Gläschen grossmüthigst abgegeben, weil er hoffte, dass ich am andern Tage alles doppelt und dreifach ersetzen würde, und nun hatte er es mit einem Frangi zu thun, der nicht mal Araki mit sich führte. Doch ich tröstete ihn, indem ich versprach ihm von Bengasi aus Alcohol schicken zu wollen, den ich dort als zum Photographiren nöthig gekauft, später aber übrig gehalten und dann zurückgelassen hatte. Und sein guter Humor wurde bald ganz wieder hergestellt, als ich ihm sagte, den Tag noch bleiben zu wollen, weil Königs Geburtstag sei, und dass ich bei dieser Gelegenheit den Soldaten eine kleine Festlichkeit bereiten wolle. Zugleich bat ich, unsre norddeutsche Flagge aufs Castell hissen zu dürfen und der Hauptmann stimmte mit Freuden ein, ja, er beorderte sogleich für Mittag Parade über die ganze Truppe und Inspection der Baulichkeiten, und die Soldaten hatten wohl ihr Lebtag nie so geputzt, um die Waffen glänzend zu machen und um die neuen Uniformen, welche aus dem Magazine (wahrscheinlich hatten sie dieselben noch nie angehabt) ausgegeben wurden, in den Stand zu setzen. Zudem waren Abtheilungen beschäftigt, die Zimmer, Küche und alle Räumlichkeiten zu reinigen, kurz bald nahm alles einen festlichen Anstrich an.

Mittags wurde denn auch die Truppe, welche im Hofe des Castells aufgestellt worden war, feierlich inspicirt, der Hauptmann diesmal in Pantoffeln, aber mit Säbel und Dienstzeichen versehen. Die Soldaten sahen besser aus wie ich geglaubt hatte, alle ihre Uniformen waren neu und die Gewehre französische Minié-Büchsen. Nachdem sodann noch die Schlafzimmer waren besehen worden, die auch recht reinlich ausgefegt waren, aber weiter nichts enthielten als was jedes türkische Soldatenzimmer bietet: für jeden Mann eine Matte und einen kleinen Teppich statt eines Bettes; als endlich Küche, Vorrathskammern u.s.w. waren besichtigt worden, hatte die Mannschaft ihr Mittagsmahl einzunehmen.

Ich hatte am Morgen mehrere Ziegen kaufen und durch die Soldaten schlachten lassen, mit Reis hatten sie sich daraus ungeheure Pillau-Schüsseln gemacht, und nachdem sie mit grosser Hast, wie lange hatten sie wohl kein Fleisch gehabt, die Schüsseln geleert hatten, wurde ihnen noch ein Kaffee en gros gegeben.

Aber die Hauptfestlichkeit, ging jetzt erst an: ich hatte ein Paar Dutzend rother Fes, Taschentücher, dann kleine Geldsummen in Papier als Preise ausgestellt, und hienach mussten die Soldaten Wettrennen, Sacklaufen und Blindekuh spielen. Der Hauptmann-Commandant theilte die Preise aus, nachdem er jedoch für seine Mühe, und weil er selbst als Höchstcommandirender nicht mitlaufen konnte, von jedem Preise vorweg einen für sich genommen hatte. Im Anfange wollte es nicht recht, wo hatte je ein türkischer Soldat Sacklaufen gelernt, oder sonstige dergleichen Spiele mitgemacht, als aber nur mal erst einer sich einen neuen rothen Fes erobert hatte, wurden alle so eifrig und anstellig, dass bald jeder sein Theil weg hatte. Aber gewiss war es spasshaft anzusehen, wie die oft fünfzig Jahre alten Soldaten (in der Türkei dient in der Regel, wer ein Mal Militair ist, so lange wie er die Flinte tragen kann) sich kindlich freuten, und ebenso so grosse Freude hatten, wenn sie einen Preis bekamen, wie bei uns die muntere Schuljugend. Gewiss werden sie nie den Tag, den Milud des Sultans von Prussia vergessen, ihr eigener Sultan Abdul asis kümmert sich nicht an seinem Geburtstage um seine Truppen. Bis spät in die Nacht hinein tanzten und saugen die Soldaten, und der Hauptmann war so gerührt worden, dass er seine beiden Officiere, welche auch jeder einen Baschlik (circa 8 Groschen) gewonnen hatten, gegen Baarbezahlung auf ein Glas Araki einlud, kurz Alle waren befriedigt, und froh und müde legten Türken und Deutsche, welche am Tage Königs Geburtstag zusammen gefeiert hatten, da wo vielleicht einst die Siegeswagen der Battiden getummelt waren, sich sorglos zum Schlaf nieder.

Nachdem ich dann noch am andern Morgen die verschiedenen Quellen von Gaigab, von denen eine unmittelbar unter der Mauer des Forts selbst entspringt, besichtigt und gefunden hatte, dass alle Spuren antiker Bearbeitung zeigen, sagten wir unseren türkischen Freunden Lebewohl. Der Aduli blieb zurück, statt seiner kam jedoch sein ältester Sohn, um als Führer zu dienen.

Um 71/2 Uhr aufbrechend, hatten wir im Allgemeinen S.-W.-R., erreichten um 8 Uhr 20 Minuten die Quelle Lali und gleich darauf den Marabut Sidi Sbah, wo ebenfalls eine Quelle ist. Um 91/2 Uhr waren wir bei der Quelle Djebarab, und liessen um 10 Uhr die Sauya-Faidia etwas nördlich von uns liegen. Wir befanden uns immer auf einem grossgewellten, jedoch niedrigen Hügellande, und gerade auf der Wasserscheide des Mittelmeeres und der Sahara. So passirten wir um 12 Uhr 20 Minuten das uadi Feria, das ins Mittelmeer und gleich darauf das uadi Tebiabo, das in die Sahara abfliesst. Zwischen beiden erreichten wir die grösste Höhe 909 M., obschon andere Berge und Hügel seitwärts vom Wege noch 100-150 M. höher sind.[11] Die Gegend ist nicht bewaldet, aber trotzdem nicht ganz von Bäumen entblösst, und der fette rothe Boden Veranlassung zur üppigsten Vegetation der Blumen, namentlich gedeiht hier die Drias-Pflanze häufig und kräftig. Aber Bewohner sieht man nirgends, nur da, wo Fels zu Tage liegt, wie überall weicher Kalkstein, mahnen die tiefeingeschnittenen Räderspuren der Wagen der Alten, wie stark auch dieser höchste Kamm von Cyrenaica einst frequentirt war. Die Gegend selbst wird als Weidegrund der Brassa, eines der bedeutendsten Nomadenvölker vom heutigen Barca, genannt. Um 4 Uhr 15 Minuten schlugen wir Lager bei einer Oertlichkeit, Namens Slantia, wo zahlreiche Höhlen, theils natürliche, theils künstliche, einen Sitz der alten libyschen Ureinwohner zeigen.

Am folgenden Tag hielten wir zuerst südlich, dann südwestlich und zuletzt ganz westlich.[12] Die Gegend ist sehr waldig, namentlich stark mit Wachholder bestanden, die Abdachung geht nur der Wüste zu, und überall sieht man die Ruinen alter römischer Burgen. Dies Land ist gleichfalls den Brassa eigen, obschon es ganz wie ausgestorben ist. Bei dem Castell Sira el gedim stiessen wir wieder auf zahlreiche Höhlen libyscher Troglodyten, und Nachmittags um 2 Uhr erreichten wir den scharf prononcirten Abfall des Hochplateaus, und gelangten mittelst des uadi Farat in die grosse Ebene el Chië. Die Drias hört nun auf, wie überhaupt hier eine ganz andere Vegetation auftritt, namentlich ist es die Schih (artemisia), die uns hier zum ersten Male entgegentritt, und an die nahe Wüste erinnert. Wir campirten Nachmittags in einem Kessel, Namens Maraua, wo auch Felshöhlen der alten Libyer zahlreich vorhanden sind. Sehr eigenthümlich sind manchmal Reste von Mauern, welche ein Thal quer durchschneiden, dann wieder grosse viereckige Mauerreste, welche aber keine Wohnungen gewesen zu sein scheinen, vielmehr wohl dazu dienten, um Nachts das Vieh aufzunehmen als Schutz gegen die wilden Thiere. Wasser findet sich auf der ganzen Strecke von Sirah nach Maraua nicht.

Bei Maraua hat die el Chië-Ebene eine Tiefe von 508 M., sie ist einförmig, aber äusserst fruchtbar und die zahlreichen Ruinen der alten Castells deuten auf ehemalige starke Bevölkerung. In der Mitte, wo die Chië-Ebene von einem nach Süden strömenden uadi Gedede unterbrochen wird, hat sie 450 Meter, nach Westen kommt man dann auf den Höhenzug, der Schad ben Medja genannt wird und gut mit Wachholder bestanden ist. Von hier an gehört das Land den uled Abid, und das nun vor einem aufsteigende Gebirge fährt auch den Namen djebel Abid. Es ist mit Wachholder und Thnya so reichlich bewachsen, wie die schönsten Districte der Cyrenaica und wetteifert an Fruchtbarkeit mit der duftenden el Chië-Ebene. Aber auch hier sieht man keine Einwohner, nur selten mal eine Heerde, und selbst Wild scheint zu fehlen. Erst bei den Brunnenlöchern von Djerdes, die wieder 640 Meter hoch liegen, stösst man auf Abid-Triben und gut angebaute Felder. Auch finden sich hier Höhlen alter libyscher Stämme.

Obschon die Abid zu den berüchtigsten Räubern der Cyrenaica gehören, so kamen wir doch gut mit ihnen aus, zudem waren wir sehr auf unserer Hut. Als wir bei Djerdes lagerten, sank morgens das Thermometer vor Sonnenaufgang auf -2deg..

Die Gegend blieb am folgenden Tage[13] im Anfange im Gebirge gleich gut bewaldet und später in der Ebelerhar-Ebene, fanden wir diese bedeutend krautreicher als die Chië-Ebene. Abends lagerten wir bei den Wasserlöchern von Biar (Pl. von Bir-Brunnen) und fanden dort herum zahlreiche Freg der Auergehr, überhaupt war den ganzen Tag hindurch die Gegend nicht nur reicher an Vegetation, sondern auch besser bevölkert. Die Auergehr bekümmerten sich so wenig um uns, wie wir um sie, in der Nähe eines kleinen Marabuts schlugen wir Zelte. Die Brunnenlöcher von Biar liegen 320 Meter hoch.

Nachts wurde einem meiner Neger sein Geld, welches derselbe in sein Schnupftuch gebunden hatte, gestohlen. Da es nur einer der anderen Diener genommen haben konnte, so liess ich alle auskleiden, ohne dass wir etwas entdecken konnten, auch schwuren alle die grässlichsten Eide, in Gegenwart des Grabes des Marabut und beim Haupte Mohammeds und Sidi Snussis. Und vor allen Dingen zeichnete sich ein ehemaliger österreichischer. Kavass von Tripolis, Herr Hammed Bimbaschi, aus, laut rufend, sein Vater und er solle ewig brennen, wenn er das Geld habe. Aber schon zwei Tage später fand sich das Geld bei ihm vor, er hatte sich in Bengasi durch Einkäufe verrathen, und musste dann in Folge davon Bekanntschaft mit dem türkischen Gefängniss machen. Als ich später Bengasi verliess, bekam er seine Freiheit wieder, Meineid und Diebstahl, namentlich gegen einen eben erst freigewordenen Sklaven begangen, werden in diesen Ländern nicht sonderlich beachtet.

Den letzten Tag blieben wir von Biar noch 3 Stunden in S.-W.-R. in dieser krautreichen Ebene, und kamen dann an das eine Stunde breite Gebirge, welches nur 100 Meter hoch den Rand der Ebene, der ersten Terrasse bildet. Mittelst des Fuhm el Fedj, eines Engpasses, stiegen wir dann in die Meeresebene hinab, vorbei bei dem vulcanartig aussehenden Berg Basina (Name einer Mehlspeise, die puddingförmig aufgetischt wird) und erreichten von hier an nach 4 Stunden in reiner westlicher Richtung Bengasi. Die Ebene hier ist nicht sehr fruchtbar, der Fels liegt fast überall zu Tage. Dass aber die röthliche Erde einst dicker gelegen hat, beweisen die überaus zahlreichen Ruinen von Dörfern, Häusern und Gehöften, und trotz der heutigen Unfruchtbarkeit dieser Ebene ist es höchst wahrscheinlich, dass diese Fläche einst die berühmten Gärten der Resperiden bildete.

Wir hatten in Bengasi einen fünftägigen Aufenthalt, welcher indess auch sehr nöthig war, um uns neu zu organisiren und auszurüsten. Bis auf meinen deutschen Diener Wetzel aus Bamberg und dem freigelassenen Neger Bu-Bekr trat eine vollkommene Veränderung im Personal ein. Den Photograph aus Berlin sah ich mich genöthigt nun wirklich fortzuschicken, ich hatte ihn in Tripolis schon einmal entlassen, mich aber dennoch bewegen lassen ihn wieder zu nehmen, aber in den letzten Tagen in Cyrene benahm er sich so unumgänglich, dass ich diese Gelegenheit seiner los zu werden, nicht versäumte. Der österreichische Cavas Hammed wurde eingesperrt, noch andere verliessen den Dienst. Dafür machte ich dann aber die werthvolle Acquisition des alten ehemaligen Dieners Mohammed Staui, der sich dicht bei Bengasi als Landmiether niedergelassen hatte. Den alten geizigen Staui hätte ich nur in Cyrenaica selbst haben sollen, sein Geiz wäre mir dort gut zu Statten gekommen gegen die unverschämten Prellereien des Aduli, gegen die Diebereien des Cavassen und der anderen Diener, welche es so weit trieben, dass sie unter der Hand eines Tages einen ganzen Schlauch Butter verkauft hatten. Dann bekam ich noch einen anderen weggelaufenen Neger, ich glaube Ali rief man ihn, einen wahren Goldjungen. Aus Sella her seinem Herrn entsprungen, hatte er mit diesem Räuberhandwerk getrieben, und die weitesten Streifzüge, südlich bis Tragen und Wau, östlich bis zum Ammonium nach dem Norden zu bis zur Küste an der Syrte gemacht. In dieser ganzen weiten Strecke kannte er Schritt und Tritt. Bei einer Beutevertheilung hatte er sich mit seinem alten Herrn entzweit, war nach Bengasi aufs englische Consulat geflüchtet, wo ich ihn vorfand und in meine Dienste nahm. Er war jetzt von glühender Begier für Freiheit erfasst, wollte Skendria und Masser[14] kennen lernen, und wie konnte, er es besser durchfuhren, als wenn er mich begleitete. Wir wurden denn auch bald handelseinig, und er war jedenfalls der nützlichste aller Diener, in Packen und Behandlung der Kameele war er unübertrefflich, sogar besser als der Gatroner, da er ein junger Bursche von 25 Jahren war. Dabei hatte er das heiterste Gemüth von der Welt, fortwährend singend, unterliess er diese Beschäftigung nur um zu plaudern und zu necken, oder allenfalls um mit dem in Amerika zum halben Zweifler gewordenen Staui einen religiösen Discurs anzufangen, der gemeiniglich mit Stauis Niederlage endete, worauf dieser sich dann verächtlich zu uns wandte: "nigger great donkey." Ali hatte aber eine verhältnissmässig gute religiöse Erziehung gehabt, er war sogar eine Zeitlang in der berühmten Sauya Sarabub, dem Hauptorte der Snussi, gewesen.

Wir waren natürlich wieder in Bengasi auf dem englischen Consulate, und mit den Einkäufen verging rasch die Zeit. Namentlich musste eine grosse Zahl von Schläuchen gekauft werden, wir brauchten derer nicht weniger als 12, endlich andere Provision, Mehl, Zwieback, Oel, Butter, Datteln, Zucker, Kaffee und Thee, auch in Fett eingekochtes Fleisch, Stockfische u. dgl. wurde eingekauft.

Am 3. April Morgens 10 Uhr verliessen wir dann die Stadt in Begleitung des englischen und französischen Consuls. Das Wetter war trübe, so dass wir die Berge nicht sehen konnten, unsere Richtung war 160deg..

Bald stiess dann noch ein Reiter zu Kameel zu uns, ein Diener des Mudirs von Audjila, der die Gelegenheit benutzen wollte, in Karawane zurückzukehren. Er erwies sich später äusserst nützlich, da er des Weges sehr kundig war, was ich von dem eigens gemietheten halbblinden Führer Hammed Uadili nicht sagen konnte.

Schon nach 21/2 Stunden durch fruchtbares Land dahin reitend, machten wir beim Brunnen Choëbea Halt, verzehrten gemeinschaftlich ein Frühstück, tranken eine letzte Flasche Wein, eine letzte Flasche Ale, und unsere freundlichen Begleiter kehrten nach Bengasi zurück, während wir südwärts den Weg weiter zogen. Derselbe bleibt einförmig, obschon der Boden fruchtbar ist, zum Theil cultivirt wird, zum Theil krautreiche, zu dieser Jahreszeit von Blumen bunte Wiesengründe hat, Freg sind nur spärlich vorhanden. Wir setzten nur noch 2 Stunden den Weg so fort und lagerten inmitten eines weiten Ruinenfeldes unter dem Schutze eines kleinen Castells. Es scheinen hier mehr ländliche, weit zerstreut liegende Wohnungen gewesen zu sein, als bestimmte Orte, wenigstens finden wir in so unmittelbarer Nähe von Berenice keinen erwähnt. Das Castell, recht gut erhalten, aber klein, diente zum Schutze der Landbewohner und speciell hier noch wohl zum Schutze der Küste.

Am folgenden Tage brachen wir früh auf und hielten 150deg. R. Auch an dem Tage war die Gegend überaus ruinenreich, und auch hier traten alle Augenblicke grosse Einhegungen von Steinen entgegen, von denen manchmal aber nur noch die unterste Steinreihe erhalten ist. Der Boden bleibt ein gleich fruchtbarer röthlicher Humus, ist überall bis zu den Bergen gleich culturfähig, sehr krautreich aber wenig mit Buschwerk bestanden. Die Berge sind sichtbar, aber je weiter man nach Süden kommt, je mehr zieht sich das Ufer des Hochplateaus nach Südosten zurück. Die Gegend ist hier besser bevölkert, denn irgendwo in Cyrenaica, meist sind es Freg der Mschitat und Auergehr, welche rechts und links vom Wege aufgeschlagen sind. Eigenthümlich wie die Alten genau die Oertlichkeit erkannt haben müssen, wo sie Wasser zu finden glaubten. Denn ein blosser Zufall liess sie wohl nicht jene Kalkplatten durchbohren um dann nach 25-30' und oft noch tiefer auf Wasser, zu stossen. Und dass sie von den Alten angelegt worden sind, geht aus der ganzen Construction derselben hervor, warum aber gruben sie nicht an anderen Stellen nach Wasser? wahrscheinlich weil sie aus Erfahrung wussten, dass unter Kalkfelsen am ersten Wasser zu finden sei. Wir lagerten Abends in der Nähe von zahlreichen Freg, ohne indess mit den Insassen in Berührung zu treten.[15] Auch am folgenden Tage[16] hat die Gegend noch denselben fruchtbaren aber wenig bebauten Charakter, die Freg werden südlich von den ailet Feres bewohnt und gegen Abend, wo wir der Syrte so nahe sind, dass wir die Brandung derselben hörten, lagerten wir zwischen Schih- und Halfa-Vegetation, waren also bis zum Uebergange der Wüste gekommen.

Je weiter man nach Süden kommt,[17] je spärlicher wird die Vegetation und Bevölkerung, fast nur Halfa und Schih zeigen sich noch, alle Brunnen haben noch denselben Bautypus, d.h. sind nicht in das Erdreich getrieben, sondern da, wo Kalkfelsen zu Tage liegt, hindurch gebohrt. Beim bir Schimmach nun rechnen die Araber die Grenze von Barca el hamra, dem rothen Cyrenaica und was von hier an südlich liegt, heissen sie Barca el beida, das weisse Cyrenaica. Hauptsächliches Unterscheidungszeichen bildet der Boden selbst, denn nördlich vom Brunnen ist röthlicher Humus, südlich davon weisslicher Sandboden.

Auch jetzt hatten wir immer mit schlechtem Wetter[18] zu kämpfen, heisse Stunden wechselten mit kalten und stürmischen und namentlich waren die Nächte rauh. In Schadábia verweilten wir einen Tag. Es ist hier die grösste Ruine zwischen Bengasi und Audjila, und das Fort noch recht gut erhalten. Wie alle von viereckiger Form, und mit flankirenden Thürmen versehen, besteht der Bau aus grossen Quadern, durch Fels getriebene Brunnen mit ausgezeichnetem Wasser (es ist dies das letzte süsse bis zur Ammonsoase) sind ganz in der Nähe. Ich glaube man kann in Schadábia das alte Automalax [10]Schultert, präsentirt.

[11]Um 12 Uhr 40 M. passirten wir uadi Ibeb nach dem Mittelmeere, dann uadi manasseh um 1 Uhr 15 M, uadi bird um 1 Uhr 20 M., beide zur Sahara gehend. Um 2 Uhr war der Marabut Sidi Homri mit Quelle links vom Wege, und um 3 Uhr das Kasr Abayan 1/2 St. östlich vom Wege, um 3 Uhr 40 M. der Berg Djilmana, 1/2 St. westlich vorn Wege.

[12]Aufbruch 63/4 Uhr in 200deg. R., um 71/2 uadi Shihr, nach der Wüste gehend, um 8 Uhr u. Smelah, gleichfalls nach der Wüste um 81/4 das alte römische Castell Sirah und von diesem aus auf 11/2 St. Entfernung das alte Castell Meschedeschi in S.-O.-Richtung gegeilt. Von Sirah jetzt in S.-W.-Richtung weiter, und um 9 Uhr das uadi Dorr, Ms in die Wüste geht und auf 2 St. Entfernung im N.-W. das römische Castell Sehadeh. Um 91/2 die Ruinen vom römischen Fort Siral ei qedim, um 91/4 das uadi Djaf und das nadi Ibgehl, vereinigt der Sahara zufliessend; 11 Uhr 20 M. das uadi megad, welches auch in die Sahara geht. Von hier an in W.-Richtung weiter bei den Sheniet Chalil vorbei und mit dem uadi Schirb fortgehend, der in das uadi Farat übergeht, von der Hochebene herab nach 3 St. in Maraua. Am folgenden Tage Aufbr. 53/4 Uhr in S.-W.-Richtung, um 7 Uhr 240deg. R. Um 9 Uhr den von Nord nach Süd fliessenden uadi Gedede und die Richtung nun 250deg.. Von 9 Uhr 20 M. S.-W. Richtung, 9 Uhr 40 M. der nach Teknis führende Weg geschnitten und nun im uadi messamer, das in die Wüste geht. Um 10 Uhr das alte Castell Bu Rhassil eine St. südl. vom Wege. Um 11 Uhr auf einen Höhenzug, der von N.-W. nach S.-O. streicht und Schad ben Medja Wald heisst, auf diesem die Ruine Gasr Tolun, 1/2 St. nördl. vom Wege. Um 111/2 Uhr das nach S. fliessende uadi mdud. Nach 3/4 St. Aufenthalt um 121/2 im uadi Rinfaid in W.-Richtung weiter, und um 11/4 Uhr den nach S. fliessenden uadi Stiksfara passirt. Um 21/2 W.-Richtung und um 3 Uhr 10 M. den in die Sahara fliessenden uadi Schabl n Bet passirt, um 4 Uhr die Spitze des nadi Erköb und um 41/4 in Djerdes campirt.

[13] Um 63/4 Aufbr. von Djerdes in S.-W.-Richtung; gleich darauf passirten wir das nach S.-O. streichende Medjrah-Thal und mit dem von einem Knotenpunkte kommenden Benia-Thal S.-W. weitergehend, erreichten wir 81/4 die Wasserlöcher von Benia. Dicht am Wege, im N.-W. von uns, ist hier die römische Ruine Gasr Djebela. Nun heisst das Benia-Thal hier Gardab, wir durchzogen es westlich haltend, während uadi Gardab nach N.-W. umbiegt; um 101/2 übersteigen wir eine von Süden kommende Gebirgszunge und kamen dann ins uadi Tolhan, welches ebenfalls nach N.-W. gehend, sich mit uadi Gardab zum uadi Djedj vereinigt und dann in den Birsia bei Tokra ins Meer fällt. Durchs uadi Bu Simmeh S.-W. vom Gab kommend, hatten wir 111/2 die Ebelerhar-Ebene vor uns, durchschnitten in dieser den nach N.-W. ziehenden uadi Selitmitnan um 121/4 und lagerten, den Gasr Ebelerhar um 2 Uhr S.-O. vom Wege dicht liegen lassend, um 5 Uhr bei den Biar-Wasserlöchern.

[14]Alexandria und Cairo.

[15]An dem Tage Aufbruch um 61/4 Uhr in 150deg. Richtung. Um 7 Uhr 10 M. Ruinen von Mabruka, 8 Uhr Ruinen und Brunnen Ba-Drissa, 91/4 rechts vom Wege Massafa Brunnen und Ruinen; 11 Brunnen Ktiuë, hier 1/2 St. Aufenthalt und jetzt gerade S. R. 121/2 Uhr Brunnen Ktet, 123/4 Ruinen von Batat, 11/2 Brunnen Ktet el tani und gleich darauf Grab des Marabut Kellani, 3 Uhr 1 St. östlich vom Wege der Snussi Sauya Tilimon, um 5 Uhr Lager.

[16]Am 5. April Aufbruch 61/2 Uhr in 160deg. R. 81/4 kobóret oder Gräber links am Wege, 91/2 Gasr el Hussein, 1 St. rechts vom Wege, 10 Uhr Gasr magrún 1 St. rechts vom Wege, 111/2-121/2 Ruhe, 1 Uhr bir Simmach, 1/4 rechts vom Wege 1/4 St. Komon-Hügel, 21/2 links vom Wege gasr Scheban und Schebibi und rechts nach S.-W. 3 St. entfernt Gasr. Adams, 51/2 Lager bei Oertlichkeit Djelil.

[17]Am 6. April Aufbruch 61/2 Uhr in 160deg. R. 71/2 die Kubba Sid Hammed ben Thaib rechts dicht am Wege, um 8 Uhr rechts am Meere ca. 2 St. entfernt der Brunnen Lera, um 9 Uhr Gasr Dababia am Meere, um 10 Uhr Sidi Sultan Brunnen am Meere, um 11 Uhr links am Wege Gasr el Debah, um 111/2 der Brunnen Milha, Pause hier bis 123/4, um 1 Uhr Brunnen Morsiffa, um 4 Uhr Sidi Faradji, um 5 Uhr Lager bei Oertlichkeit Ferssi.

[18]Am 7. April Aufbruch in 160deg. R. und nach 3 St. bei Gasr Schadábia. Die drei Districte südlich von Hussein heissen Fadéla, Ferssi und Shiuf.

[19]Aala roion war die südöstlichste Grenzfeste der Bewohner Cyrenaica's. erblicken, wenigstens stimmen Oertlichkeit und Entfernung von Berenice. Es ist dies nach Süden zu der letzte bewohnte Ort, und heute eine berühmte Sauya der Mádani, deren Chef Mohammed el Mádani in Mesurata begraben liegt. Wie diese Brüderschaft eine der tolerantesten ist, so zeigte sich auch der Vorsteher von Schadábia äusserst liebenswürdig und ohne fanatischen Dünkel. Er warnte wiederholt (auf Beurmann hinweisend, der indess gar nichts mit den Snussi zu thun gehabt hat) vor den Snussi, vor den Bewohnern von Audjila und Siuah, meinte aber, hier solle ich nur ruhig campiren, da wo eine Sauya der Mádani sei, habe Niemand etwas zu fürchten. Aber trotzdem und trotz seiner guten Rathschläge, unterliess ich es doch nicht Nachts Wachen auszustellen und den Thieren überdies wie immer ihre Eisen anlegen zu lassen. Mein armer Esel war nun fast reitunfähig geworden, die heissen Winde hatten ihn vom Esel auf den Hund gebracht.

Von Schadábia aus, legten wir am 8. April die ersten zwei Stunden südlich zu West zurück bis zur merkwürdigen Burg Henéa.1919Es ist dies wohl della Cella's Aduchni. Offenbar ist dies weder ein griechisches noch römisches Bauwerk, sondern libyschen Ursprungs. Zu ebener Erde gelegen, ist diese Burg der Art angelegt (ähnlich wie die monolithischen Kirchen von Lalibala in Abessinien), dass man zum Graben derselben den Fels ausgehoben hat, und den als einzigen Block inwendig stehen gebliebenen Felsen zur Burg verarbeitet hatte. Die contreescarpirten Wände des tiefen 20' breiten Grabens haben Gänge und Kasematten, sämmtlich wie neu und ausgezeichnet erhalten. Unterirdisch stehen diese mit der Block-Burg zusammen. Diese enthält vollkommen gute erhaltene Abtheilungen. Alles aus einem Steine gehauen, durchwandelt man lange breite Gänge, mit Krippen ebenfalls aus Stein, Beweis, dass in dieser eigenthümlichen Burg sogar Pferde waren, andere kleine Zimmer und grosse Säle münden auf die Gänge. Nur ein einziger sanft ablaufender Zugang führt, die Contreescarpe durchschneidend, in den Graben, die, Hauptöffnung des Blocks befindet sich aber auf der entgengesetzten Seite der Burg. Die ganze Contreescarpe, die unterirdisch, wie gesagt, mit dem Block communicirt, konnte den Graben durch Felslöcher vertheidigen. Gewiss eins der bemerkenswerthesten Baudenkmäler alter Fortification.

Von hier an gingen wir selben Tages noch fünf Stunden S.-S.-O. weiter, passirten nach zwei Stunden den Tafra-Brunnen, der wie alle folgenden Bitterwasser hat, liessen nach etwa einer Stunde den vereinzelten Hügel Karassa, der als Allem oder Wegweiser dient, liegen und lagerten Abends am Chor-Shofan. Die sehr schwache Bevölkerung wird von den uled Schich und den Schibli gebildet. Die Vegetation hört fast ganz auf, in der That hatten wir mit Chor-Shofan die Grenze des Mittelmeerniederschlags erreicht, der Floh hört auf der beständige Begleiter des Menschen zu sein. Wie mit Zauber ist er verschwunden, heute wird man noch von ihm gequält, morgen hat er uns verlassen. Die Araber sagten zwar, anderes Ungeziefer würde auch das Weite suchen, aber ich wusste aus langer Erfahrung, dass die noch lästigeren Collegen des Floh die Wüste, den Samum, die trockne Hitze nicht scheuen. Im Gegentheil! Vom Chor-Shofan fängt dann nun auch die Sahara an.

Auch am folgenden Tage hielten wir und um 6 Uhr Morgens aufbrechend, brachte uns der Allem (Wegweiser) el Dürr auf den vom Brunnen Alaya kommenden Weg. Und eine Stunde Frühstücksrast abgerechnet, durchschnitten wir um 2 Uhr den ued Fareg. Es ist dies eigentlich kein Thal oder Flussbett, sondern eine, von Westen nach Osten streichende Einsenkung ohne Abdachung. Nach Westen geht die Fareg-Einsenkung drei Tagemärsche weit bis zum Ras el ain el kebrit, und zwei Tagemärsche vom Punkt, wo wir Fareg passirten nach Osten; da wo wir die Einsenkung passirten, liegt der Brunnen Besseria.1919Brunnen im Fareg von Westen nach Osten: 1) Ain kibrit, 2) Diafar, 3) Ssebat Bu Hamra, 4) Ssalemo, 5) Bel klebat, 6) Buttofal, 7) Tagsilt, 8) Busseria, 9) Ain Naga, 11) Bel Aissar, 12) Delemia, 18) Schagria, 14) Adjelan, 15) Bei Dafun, 16) Besseria, 17) Okadia, 18) Cilasm el kübsch, 19) Shauono. Das südliche Ufer vom Fareg heisst Diffa el uadi (Gastmahl des Thales) und eine Menge Steinhaufen, Bu-Sfar genannt, sind zum Andenken für die errichtet, welche sich dem Gebrauche hier ein Extraessen zu geben, entzogen. Solche Steinhaufen, welche Gräber vorstellen sollen, findet man an gewissen Stellen in der ganzen Sahara. An solchen Stellen muss nämlich ein des Weges zum ersten Male durchziehender, seinen Cameraden, welche die Reise schon gemacht haben, einen Extraschmaus geben, thut er es nicht, so errichtet man ihm einen Steinhaufen, ein Grab, zum Zeichen seines Geizes. Da nun aber solche Stellen sehr häufig vorkommen, so hatte ich ein für allemal die Gewohnheit mich begraben zu lassen und legte zuerst gewöhnlich den Stein; ausser unserem Führer, dem Diener des Mudir von Audjila und meinem Neger Bu-Bekr, hatte Niemand von uns den Weg zurückgelegt, wir liessen uns also alle begraben, wie auch später noch öfter. Gleich hinter Fareg fängt eine Sserir an, Namens Thuil (die lange), dort lagerten wir fünf Uhr Abends.

Am 10. April erreichten wir in südsüdöstlicher Richtung nach einem sechsstündigen Marsche über die Sserir Thuil die grosse von Westen kommende Einsenkung des Bir Ressam. Wo diese im Westen ihren Anfang nimmt, war von meinen Leuten nicht zu ermitteln, vielleicht geht sie bis dicht an die Syrte, vielleicht nach Ain kibrit, und ist somit im Zusammenhange mit Fareg. Der Brunnen selbst hat abscheuliches Wasser, die Kameele trinken es jedoch, einige Palmbüsche sind in der Nähe, und die Ruinen des Cyasr Shahabi deuten auf eine einstige Besiedelung. Die Einsenkung zeichnet sich durch zahlreiche Versteinerungen, Muscheln etc. aus, oft sieht man ganze Baumstämme auf dem Boden liegen, meist in Flintstein verwandelt. Palmen und Lentisken sind es besonders, die ehemals die Vegetation bildeten, von der jetzt nur die steinernen Formen übrig geblieben sind. Lebende Vegetation ist in dieser Einsenkung durch Belbel, Domrahn und Rherrhek vertreten, letzteres ein Busch; der in der Süd-Sahara unter dem Namen Suak bekannt ist. Die Ressam-Einsenkung ist 100 Meter tiefer als das Mittelmeer (am Brunnen des Barometer auf 772 M. M. = -104, nördl. Breite). Den tiefsten Punkt erreichten wir Abends bei Gor-n-nus (am Lagerplatz ergab das Barometer Abends 772, Morgens 773, um 9 Uhr Morgens 772, erreichte also circa 107 M. Tiefe). An dem Tage hatten wir 12 Stunden zurückgelegt.

Auch am folgenden Tage behielten wir diese Richtung von früher und marschirten in der Depression weiter, um 6 Uhr aufbrechend, sendete die Einsenkung um 7 Uhr einen ebenso breiten Arm nach dem circa 6 Stunden entfernten Gor Mschirk ab. Um 9 Uhr passirten wir den ebenfalls Bitterwasser haltenden Brunnen Marak und stiessen auf zwei grosse von Audjila kommende Sklavenkarawanen, die nach Bengasi zogen. Das Land ausserhalb der Einsenkung ist grossgewellt, und grobkörniger Sandboden, manchmal mit bunten Kieselchen bestreut, und nicht ganz ohne alle Vegetation. Nachmittags 2 Uhr bemerkten wir östlich von uns den Dj. Beddafar circa 4 Stunden entfernt. Die nach S.-O. ziehende Depression hatten wir Mittags schon verlassen, und lagerten Abends 5 Uhr bei Gor meschtefar schirgia.

Der darauf folgende Tag, ein zwölfstündiger Marsch, über eine durch nichts unterbrochene grossgewellte, grobkörnige Sandebene, war der langweiligste und einförmigste von allen, nur zweimal wird diese wüste Ebene durch zwei Allem (Wegweiser) unterbrochen. Unsere Richtung war immer die gleiche, wie an den vorherigen Tagen. Ebenso unerquicklich war der letzte Tag, der Führer war zudem auf dem Kameele eingeschlafen und wir hatten eine ganze Zeitlang die Richtung verloren, bis wir endlich durch den Stand der Sonne aufmerksam darauf gemacht wurden. href="#fn18">[19]


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