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Audjila und Djalo.

Es war gegen Abend des elften Tages, als wir die Oase erreichten. Schon einige Stunden vorher hatten wir wie eine schwarze Linie am Horizont die hohen Palmen derselben erblickt, und die Kameele, welche seit Bir-Ressam nicht getrunken hatten, beschleunigten den Marsch, sobald sie die Palmen hatten auftauchen gesehen. Je näher wir kamen, desto schöner wurde der Anblick; links vor uns, wo bedeutende Sebeha sich ausdehnten, spiegelten sich die Palmen als wie auf einer Silberfläche, davor schlug die Luft grosse Wellen, so dass man oft ein bewegtes Meer zu sehen glaubte. Dann kamen wir an den röthlich-braunen Sebeha, der, von der untergehenden Sonne beleuchtet, einen eigenthümlichen Contrast mit der weissen Sandfläche davor, mit den grünen Palmen dahinter bildete. So hat auch die Wüste ihre Schönheit, und in solchem Augenblick konnte ich es begreifen, wenn St. John, als er von der Wüste Abschied nahm, sein Buch mit den Worten schloss:

"Oh! that the desert were my dwelling-place

with one fair spirit for my minister!"

Den ganzen Tag abwechselnd zu Kameel und Esel, war ich abgesprungen, sobald wir den Sebcha erreicht hatten, durch den nur ein schmaler Pfad sich hinschlängelt, während rechts und links Salzmoräste liegen, mit einer dünnen Kruste bedeckt. Es war also die grösste Vorsicht nöthig, um die Kameele hindurchzuführen, denn ein beladenes Kameel wäre bei einem Seitentritt gleich versunken. Alle kamen gut durch, nur der alte Esel, der von weitem einige Ya seiner Brüder vernommen hatte, Musik, welche für seine langen Ohren verlockend sein musste, wollte in seiner Ungeduld vom Wege ab, aber schon beim ersten Schritt sass er fest. Nur mit Mühe konnten ihn die Leute wieder flott kriegen, aber herausgezogen, ging er dann geduldig und nachdenkend hinter der langen Colonne von Kameelen einher.

Es war schon ganz dunkel, als wir den eigentlichen Palmwald erreichten, nachdem wir schon eine Zeitlang zwischen Had (Cornulaca monacantha Delile), Belbel (Anabasis articulata) und Domran (Traganum nudatum), den ersten Vorboten der Vegetation, hinmarschirt waren. Das Aufziehen des Wassers aus den Brunnen verrieth uns, dass wir jetzt zwischen Gärten waren, denn es war nun fast dunkel geworden unter den Palmen, dass wir nur noch den Weg unterscheiden konnten. Aber bald hatten wir den Lagerplatz erreicht und fanden schon eine andere Karawane vor, die von Djalo gekommen nach Bengasi wollte. Zwischen Tamarisken, in der Nähe der Quelle Sibilleh, der einzigen der ganzen Oase, schlugen wir unsere Zelte auf, umringt von vielen Neugierigen, die sich nach vielen Shalamat nach den Neuigkeiten und Preisen in Bengasi erkundigten.

Ich schickte gleich einen Theil der Leute mit den Kameelen zur Quelle, um diese abtränken zu lassen und um uns einen Schlauch frischen süssen Wassers zu füllen, die anderen schlugen rasch die Zelte auf, einer beschäftigte sich mit der Küche, und noch ein anderer war mit den Bewohnern in Unterhandlung getreten, um Hühner, Eier und Zwiebeln zu kaufen. Obgleich spät angekommen, hatte sich die ganze Einwohnerschaft um unsere Zelte versammelt, jedoch ging alles recht anständig zu, und war von Zudringlichkeit oder Schimpfen keine Rede. Als ich später noch heraustrat, die etwas zerstreut stehenden Kisten und anderen Gegenstände zusammenstellen liess, und meinen Leuten empfahl wegen etwaiger Diebe sich Nachts dicht daneben zu legen, trat einer der Einwohner Heran und meinte, alles könne stehen und liegen bleiben wie es wäre, hier sei nicht Barca, Diebe gäbe es in Audjila nicht, und die Leute sollten nur ruhig schlafen, ohne Wache zu halten. Unser alter Führer bestätigte diess auch und sagte er wolle mit seinem Kopfe haften, wenn irgend etwas abhanden käme. So konnten wir uns denn einmal wieder einem sorglosen Schlaf hingeben, zumal der alte Staui immer nur halb schlief; auch die Kameele und Esel bekamen keine Fusseisen, was sonst immer geschehen war.

Die Oasengruppe besteht aus drei durch Sserir getrennten Inseln, im Westen Audjila, in der Mitte Djalo, im Osten Uadi, dessen Verlängerung im Süden Batofl ist. Djalo liegt nach Moriz v. Beurmann auf 21°23'4'' ö.L.v.Gr. und 29°0'40'' n.Br. Die später aus den Berichten Beurmanns an Prof. Bruhns in Leipzig von diesem gemachten Berechnungen bedürfen einer Revision. Der ganze Oasencomplex fällt nach der zehnblättrigen Karte der Petermannschen Mittheilungen zwischen 29° und 29°30' n.Br. und circa 21°50'und 22°30' ö.L.v.Gr.

Die Lage der einzelnen Oasen zu sich selbst ist derart, dass Audjila im Westen gelegen, halbmondartig von N.-N.-O. nach S.-S.-W. gestreckt ist, und seine convexe Seite, nach Osten gerichtet, durch eine vier bis fünf Stunden breite Sserir von Djalo getrennt wird, welches länglich gestreckt ist und seine Längsachse von N.-W. nach S.-O. gerichtet hat. Die Nordwestspitze von Djalo ist demnach auch nur drei Stunden von Audjila entfernt.

Uadi, höchst wahrscheinlich eine Fortsetzung von Uadi el Ressam und Mareg, zieht sich ebenfalls in einem grossen Bogen, dessen convexe Seite nach Osten gerichtet ist, hin, und verbreitert sich südlich zur Oase Batofl, so dass der Ort Batofl fast südlich, etwas zu Ost, unter Djalo zu liegen kommt. Tiefer als das Meer gelegen, etwa 51 Meter, ist Audjila von Sserir und röthlichen Sanddünen umgeben, denen jede Spur von Vegetation abgeht. In der Oase selbst ist der Boden gypsartig, sobald man eine Schicht von einigen Fuss Sand durchdrungen hat. Die Länge von Audjila beträgt circa drei deutsche Meilen, der nördlichste Theil ist indess nicht bewohnt; die Breite ist verhältnissmässig gering, eine Stunde nördlich von Audjila, wo die Oase am breitesten ist, circa ¼ deutsche Meile.

Djalo, ebenfalls von Sserir umgeben, und etwa 30 Meter tiefer als das mittelländische Meer, hat eine S-förmig gewundene Gestalt, die Länge beträgt ebenfalls circa drei deutsche Meilen, die Breite jedoch in der Mitte erreicht 1½ deutsche Meilen, und fast bis zum Südende bleibt sie dieselbe. Das Terrain in Djalo ist bedeutend salzhaltiger, die Oase im Innern an vielen Stellen von Dünen durchsetzt, das Wasser ist so brackisch, dass die reichen Leute zum Trinken ihren Bedarf in Uadi holen lassen. In Leschkerreh sind die Bodenverhältnisse dieselben, das Wasser ist dort süss, ebenso in Batofl, welches guten Gartenboden und ausgezeichnetes Trinkwasser hat.

Diese Oasengruppe, den Alten unter dem Namen Augila (Ta Augila) bekannt, scheint in den ältesten Zeiten keine festen Bewohner gehabt zu haben. Herodot überliefert uns, dass die an der Syrte herumnomadisirenden Nasomonen alljährlich nach Audjila zögen, um im Herbst die Datteln einzuheimsen. Derselbe erwähnt ferner nur eine Quelle, und in der That ist auch nur eine vorhanden, Sibilléh. Auch die Beschreibung des salzhaltigen Bodens trifft zu, wenn auch die Erwähnung eines einzigen Hügels nicht passt, da in Audjila sowohl wie in Djalo viele Hügel sind, welche aber als Neulinge, oder Dünen auch nach Herodots Zeit entstanden sein können. Die Entfernung von der Ammon-Oase giebt Herodot auf zehn Tagemärsche an, und eben so weit bis zu den Ländern der Garamanten. Wir brauchen deshalb die Angabe des Plinius nicht für falsch zu halten, der die letzte Entfernung auf zwölf Tagemärsche angiebt.

Später scheinen sich libysche Stämme in Audjila festgesetzt zu haben, obgleich der Cultus der Sterne dort nicht eingebürgert gewesen zu sein scheint. Ueberdies wissen wir auch von den Nasomonen, dass diese mit ihren Todten und auf den Gräbern derselben feierliche Handlungen vornahmen. Um so leichter wurden sie dann später geneigt, ab sie sich in Audjila fixirten, den Cultus der Ammonier anzunehmen. Pomponius Mela erzählt uns von ihrem Manendienst, welche Manen sie wie Orakel zu consultiren pflegten, sie schliefen, sagt er, oft auf den Gräbern ihrer Anverwandten, und legten die Träume als eine Antwort aus. Dass übrigens der Ammondienst später dort herrschte, geht aus Procopius hervor, der das eigentliche Ammonium unter dem Namen eines doppelten, zwiefachen Augila begreift, und sagt, bei beiden seien Heidentempel und Priester gewesen, welche von Justinian in Kirchen und Christen umgewandelt worden wären.

Unter den Römern scheint ein Castell zum Schutze der Karawanen in Audjila gewesen zu sein; Leo im 15. Jahrhundert will dort noch Schlösser gesehen haben, und Pacho spricht auch noch von Backsteinüberresten, welche er aber auf libyschen Ursprung zurückführen zu müssen glaubt. Hamilton erwähnt nur vieler Topfscherben, ich selbst konnte auch nichts weiter finden, und diese können ebenso gut neuesten wie ältesten Datums sein. Dapper kennt die Oase im Anfange des 17. Jahrhunderts unter dem Namen Augele.

Wenn von Pacho noch ein unterirdisches Gebäude erwähnt wird, welches er in Djalo gesehen haben will, und er auch in seinem Atlas Abbildungen einer dort vorgefundenen Säule und eines Steines giebt, so konnte schon Hamilton nichts davon entdecken, Beurmann erwähnt die Sache gar nicht, und ich selbst konnte auch nichts darüber in Erfahrung bringen, denn auf eigene Faust angestellte Nachforschungen führten zu keinem besseren Ergebnisse. Indess ist wohl kaum ein Zweifel zu erheben, dass dasselbe existirte.

Die heutigen Bewohner zerfallen in drei Hauptstämme, die Uadjili, sesshaft in der Oase Audjila und einem Theile der Oase von Djalo, besonders im Hauptorte Lebba, die Modjabra, besonders in Djalo mit ihrem Hauptorte l'Areg und die Suaya in Leschkerreh. In Batofl sind die Bewohner gemischt von allen drei Stämmen. Von diesen sind die Uadjili libyscher Herkunft, reden auch heute noch einen Dialekt des Tamasirht und ist ihre Sprache eng verwandt mit der von Rhadames, Sokna, Siuah und dem Targi. Ob die Modjabra auch berberischen Ursprungs sind, ist zweifelhaft, sie reden arabisch, wollen aber keine Araber sein, die Suaya sind ächte Araber.

Die Zahl der Bewohner ist schwer zu ermitteln; Pacho in den zwanziger Jahren giebt sie auf 9-10,000 Einwohner an, und basirt seinen Calcul auf 3000 waffenfähige Männer. Hamilton giebt für l'Areg allein 4000 Einwohner an, von anderes Reisenden, welche die Oasen berührt haben, fehlen statistische Nachrichten. Nach eigenem Ueberschlage, und auf die Aussage der Eingebornen hin, werde ich für Audjila 4000, für Djalo 6000, für Leschkerreh 500 und für Batofl 1000 Einwohner annehmen, im Ganzen also circa 11-12,000 Einwohner. Im Aeusseren ist zwischen den Berbern und Arabern gar kein Unterschied wahrzunehmen, denn die letzten sind hässlich, meist mit dicken Lippen und von bräunlichem Teint, was wohl der starken Vermischung mit Negerblut zuzuschreiben ist. Ursprünglich von unabhängigem und kriegerischem Naturell, haben sie seit 20 Jahren lernen müssen sich dem Gesetze zu fügen, und sind jetzt mit allen Umwohnern, welche, wie sie, dem osmanischen Reiche unterworfen sind, in Frieden. Die Moralität in den Oasen ist keineswegs weit her, wie überall da, wo zu den ohnediess laxen Gesetzen des Islam, sich die Leute offen dem Trunke ergeben. Sowohl Uadjili wie Modjabra fröhnen dem täglichen, reichlichen Genusse des Lakbi (Palmwein), welcher Jahr aus Jahr ein meistens den kleinen männlichen Palmen entzapft wird. Daher kommt es denn auch wohl, dass die Heirathen als festes Bindemittel zwischen Mann und Frau hier noch leichter gelöst werden als es sonst in den meisten mohammedanischen Ländern der Fall ist. Hamilton notirte, dass es Männer gäbe, welche 20-30mal hintereinander geheirathet hätten, und man sich eine Frau für den billigen Preis von 8 bis 10 Thalern verschaffen könne. Im Uebrigen sind weder die Modjabra noch Uadjili als Diebe, Mörder oder Lügner verschrieen, und die Bewohner der anderen beiden kleinen Oasen haben auch einen guten Ruf. Die Modjabra, als vorzügliche Handelsleute in der ganzen Wüste bekannt, haben überall Credit, sowohl in Aegypten, Bengasi und Tripolis als auch in Uadai, Bornu und Haussa.

Nebst den Rhadamsern sind sie die kühnsten und weitreisendsten Kaufleute, und meist bringen sie, bis Schwäche sie hindert, ihr Leben auf ihren langen, gefahrvollen Wegen zu. Die directe Verbindung mit Uadai über Kufra und Uadjanga ist ihr Werk, nach Burkhart geschah dies zuerst im Jahre 1811 und 1813. Der Verkehr wurde bald sehr bedeutend. 1855 stockte indess der Handel mit Uadai gänzlich, da, wie v. Beurmann uns erzählt, in jenem Jahre eine von Uadai kommende Karawane, die noch dazu dem Sultan dieses Landes gehörte, bei Audjila von maltesischen Kaufleuten überfallen und ausgeplündert wurde. Seit zwei Jahren sind die directen Verbindungen wieder hergestellt, bei unserer Anwesenheit war gerade eine Karawane aus Uadai in Bengasi und eine aus Modjabra-Kaufleuten bestehende wurde erwartet.

Die Uadjili beschäftigen sich viel mit Gartenzucht und dem Vermiethen von Kameelen, für welche sie in den benachbarten Uadis reichlich Futter finden. Ohne sich direct am Handel zu betheiligen, vermitteln sie hauptsächlich den Verkehr mit Bengasi und den zunächst liegenden Oasen, jeder Erwachsene ist Führer; bis Fesan, Bengasi, zur Syrte und Aegypten kennen die Uadjili Schritt und Tritt. Die Suaya von Leschkerreh, noch mehr dem Trunke ergeben wie die eben genannten, leben von ihren Palmen und Kameelen, ausserdem heimsen sie die Datteln einiger Oasen von Kufra ein, da aber jetzt Kufra, ein Oasencomplex, welcher etwa 6 Tagemärsche südlich von Batofl liegt, eine feste Besiedlung bekommen hat, so werden diese Herbstzüge der Suaya wohl bald aufhören. Seit einiger Zeit hat dort Sidi el Mahdi, der Sohn und Nachfolger des unter den Mohammedanern in Nordostafrika berühmten Snussi eine Sauya gegründet und auch eine Stadt angelegt.

Die Kleidung der Bewohner ist sehr einfach, ein langes Hemd, darüber ein Barakan oder Haik, eine fast enge, baumwollene Hose, die aber nur bis auf die Waden herabfällt, ein rother oder weisswollener Fes und gelbe Pantoffeln ist die gewöhnliche Tracht; Arme gehen meist barhaupt und barfuss. Die reichen Modjabra-Kaufleute machen natürlich Luxus und lieben es Tripoliner oder Kahiriner Tracht anzulegen. Die Rhadamser Sitte, feine Sudan-Toben oder Nube-Hosen zu tragen, herrscht hier nicht. Die Frauen, welche unverschleiert gehen, legen meist dunkelblaue Tracht an, haben je nach Vermögen schwere silberne oder kupferne Ringe um Knöchel und Arme, auch die Finger bestecken sie reichlich mit Ringen, und um den Hals tragen sie Bernsteinketten, oft auch goldene. Die meisten tragen ein blaues Kattuntuch um den Kopf, und desshalb war auch nicht zu erkennen, welcher Mode sie in Beziehung ihrer Haare huldigen.

Vom Liva Bengasi abhängig, werden alle Oasen von einem Mudir regiert, der seinen Sitz in Djalo hat, aber weist seine Zeit in Bengasi zubringt. Während seiner Abwesenheit regiert jeder Stamm sich selbst, deren haben wir in Audjila drei, in l'Areg vierzehn und in Lebba drei, Leschkerrch und Batofl haben je einen, ebenso die, kleinen Palmdörfer der Oasen. Pacho fand bei seiner Anwesenheit in Djalo einen Franzosen als Bei und Herrscher der ganzen Oase. Mit der französischen Expedition als Tambour nach Aegypten gekommen, war er in türkische Gefangenschaft gerathen, hatte sich durch einnehmendes Wesen und Tapferkeit bis zum Officier hinaufgeschwungen und war schliesslich von Tripolis aus zum Bei der Oasen ernannt worden. Die Bewohner von Djalo erinnerten sich in der That noch des Mamelucken, welcher Pacho so viele Aufmerksamkeit erwiesen hatte.

Für die Gerechtigkeit ist ausserdem ein Kadi vorhanden, der seine Stelle und Ernennung vom Gouverneur von Bengasi erkaufen muss; der Dienst in den Djemmen wird von Tholba und Faki versehen, welche sich selbst durch Frömmigkeit und Gelehrsamkeit die Thür zu diesen Plätzen öffnen. Der Orden der Snussi hat gleichfalls in Djalo ein Kloster gestiftet, und den Bemühungen der Brüder soll es gelungen sein den Leuten etwas mehr Moral und Erziehung beizubringen, obgleich das allgemeine und starke Trinken noch immer anhält, wie man aus den zahlreich angezapften Palmen ersehen kann.

Es versteht sich von selbst, dass die Bewohner eine Steuer zahlen, und zwar wird die Palme mit 2½ Piaster besteuert. Es mögen sicher über 200,000 Palmen insgesammt in den Oasen sein, mehr aber als 100,000 werden officiell nicht besteuert. Dies macht also für das türkische, Gouvernement eine jährliche Einnahme von 250,000 Piaster oder 12,500 Mahbub, oder etwa 14,000 preussische Thaler. Djalo muss hievon bei weitem das Meiste zahlen, obschon die Angabe Hamiltons, Audjila mit etwa 16,000 Dattelbäumen, überdoppelt zu niedrig ist, und Djalo allein auch mehr als 100,000 Palmen hat. Man denke aber nicht etwa, dass die nicht censirten Palmen nichts zu bezahlen haben, gezählt sind sie alle, aber das Geld der nicht eingetragenen wandert in die Tasche des Mudirs, der natürlich für seine Stelle durch grosse Bakschisch danken muss. Andere Abgaben kommen nicht vor, namentlich sind aus den Negerländern kommende Gegenstände, als Federn und Elfenbein, hier keinem Zoll unterworfen, sondern erst in Bengasi oder Aegypten. Die in der Oase circulirenden Münzsorten sind die von der Türkei, doch ist natürlich auch hier der Maria Theresienthaler das häufigste grosse Silbergeld.

Im übrigen leben die Bewohner sehr einfach. Gegen ihre ganz ausgezeichneten Datteln, schon im Alterthum berühmt, tauschen sie sich das ihnen noch nöthige Korn und Vieh ein, und in ihren Gärten ziehen sie ausser Weizen, Gerste von ausgezeichneten Güte, Negerhirse, einige Gemüse, als rothen Pfeffer, Zwiebeln, Knoblauch, Rüben, Bohnen, Carotten, Malochin (Hibiscus esculentus), Auberginen (Solanum melongena), Tomaten, Kürbisse, Melonen und Wassermelonen. An Früchten finden sich ausser den vielen Dattelsorten, schlechte Pflaumen und verkrüppelte Aepfel, Aprikosen und Pfirsiche. Von wildwachsenden Bäumen ist nur der Ethel (Tamarix articulata) vorhanden.

Das Thierreich ist wie in allen Oasen schwach vertreten, drei oder vier Pferde, kleine Esel, gar kein Rindvieh, eine Anzahl von Ziegen und Schafe (Fettschwanz), einige wenige Hunde, ist alles, was an Säugethieren vorhanden ist; an Federvieh sind Hühner zahlreich, Tauben wenige vorhanden. Wild kommt gar nicht vor, wenn man Springratten, Ratten und Mäuse nicht dahin zählen will. Von den Vögeln sind nur Raben, Schwalben, kleine Waldtauben und Sperlinge vorhanden, Fische giebt es keine in der Quelle, Frösche, Eidechsen, Skorpione, Mistkäfer sind in massiger Zahl, aber Milliardenweise die Fliegen vorhanden. Im Mineralreich verdient nur das Salz eine Erwähnung, das, aus den Sebchas gewonnen, mehr als hinreichend für den Bedarf der Bewohner ist.

Die Gartenzucht wird in Audjila sehr sorgfältig betrieben, und gewiss mit grosser Mühe. In kleine Beete eingetheilt, welche von Dämmen eingeschlossen sind, geschieht die Bewässerung durch Brunnen, bei denen Sklaven oder Esel thätig sind, das Wasser Tag und Nacht herauszuziehen. Diese kleinen Beete zu einem Garten vereinigt, sind dann von Palmhecken eingefriedigt, welche zuweilen auch dazu dienen, die Sanddünen abzuhalten. Es ist hier ein fortwährendes Ringen mit der Natur, jeder Fleck wird benutzt, oft werden sogar die Dünen angegriffen, denn mit Wasser und etwas Dünger gedeiht im Lande Alles, was die Bewohner ziehen wollen. Und das geht das ganze Jahr durch: ist im März die Gerste und der Weizen geschnitten, so wird gleich wieder gedüngt für Sommergemüse, und wenn diese gegessen sind, kommen Bohnen, Rüben und Carotten an die Reihe. In Djalo ist aber lange nicht solch sorgfältiger Gartenbau, theils liegt es wohl daran, weil der Boden bedeutend ungünstiger ist, dann auch, weil die Modjábra alle Kaufleute sind, Vermögen haben, mithin ihren Bedarf für Geld leicht von Audjila beziehen können. In Leschkerreh ist gar kein Gartenbau, hingegen sollen die Bewohner Batofls eben so rührig sein wie die Uadjili.

Die Oase Audjila, nach dem Hauptorte so benannt, welcher fast im Süden und hart am Ostrande liegt, hat ausserdem noch die bewohnten Oerter, von Norden nach Süden gerechnet folgenden Namens: Masús, Beldjú, Soáni Schoáschna, Nekfósch, Nuâra, Duenéhm, Tin-Kersi, Abd-el Metal, Bu-Ssellim, Fellri, alle diese Oerter liegen nördlich vom Orte Audjila, westlich davon sind Ssellúfa, Tin-Gedért, Bir-Daim, südwestlich Duertállem und südlich Bu-Attáf, Márabit und el-Chúschschan. Alle diese ebengenannten Oerter bestehen aus Palmhütten, manchmal jedoch auch sind die Wände der Häuser aus Stein und Thon. Kein einziges dieser Dörfer dürfte über 20 Familien haben.

Wenn die Oase Audjila den Namen vom Hauptorte empfangen hat, so ist dies bei Djalo nicht der Fall, es ist dies ein Name, der blos die ganze Oase bezeichnet, ohne eine bestimmte Oertlichkeit darin. Die Hauptörter sind hier l'Areg und Lebba, beide ungefähr von gleicher Grösse, in Lebba wird die Uadjili-Sprache, in l'Areg arabisch gesprochen. Beide liegen dicht bei einander in der Richtung von N.-W. nach S.-O. Von ihnen ausgerechnet liegen im N.-W. Héri, Schürf, Um-es-Msihd, im N. Halláuin, Drb-el-Bil, Lakoschía, Lafan, Hágeba, Hargús, Djémma, Schükoría, Lkúddea, Ssossomíat, im W. Síada, Mhérik, Rschada, Lcharabísch, Lrharbi, Lsoéïat, im S.-W. Rhoschiría, im S. Rmla, Lkeböl, im O. Lebús, Beráni, Ssafan und Hattía. Nur die mit gesperrten Lettern gedruckten haben über zwanzig Familien. In den andern beiden Oasen sind nur je ein Ort des gleichen Namens.

Die Sonne schien, als ich am andern Morgen erwachte, schon ins Zelt; mein Diener hatte es leise aufgeschnallt, und auf einer Kiste, welche zugleich als Tisch diente, fand ich bereits Kaffee und Milch, frisches Brod, Butter und Gemüse, die wir seit Bengasi nicht mehr gehabt hatten. Meine Leute sassen wartend in der Sonne, reparirten die Sättel, die Säcke, indess der alte Mohammed Staui, dessen sich vielleicht Einige erinnern werden, welche meinen Aufenthalt in Rhadames verfolgt haben, die Mehl- und Fettvorräthe revidirte, und halb englisch, halb arabisch, halb italienisch meinem deutschen Diener (einem Bayern), der zugleich alle anderen unter sich hatte, auseinander zu setzen suchte, wir würden nächstens Bankerott machen, wenn fortgefahren wurde den Negern und Kameeltreibern alle Tage so reichliche Portionen zu verabreichen. Der alte Staui war noch geiziger geworden als er früher schon war, er hätte uns am liebsten mit unseren Vorräthen Alle verhungern lassen, mich selbst nicht ausgenommen.

Langsam wurde geladen, langsam wurde aufgebrochen, und langsam zogen wir dahin durch die schmucken Palmgärten, es war ein Spazierritt, denn wir hatten nur etwa drei Stunden bis zum Orte Audjila selbst. Natürlich erregten auch hier die sonderbaren Kisten, und dann hauptsächlich wir beiden Deutschen in christlicher Tracht grosses Aufsehen; aber nur freundliche Ssalamat wurden uns zu Theil, welche mein bayerischer Diener immer ernst mit der Hand auf der Brust erwiederte. Es war fast 11 Uhr geworden, als wir dicht bei Audjila waren, und ich dem Staui sagte vorauszugehen, um dem Mudir, welcher von Djalo hierher gekommen war, meine Ankunft anzuzeigen. Und als wir dann durch die engen Strassen, die gerade breit genug waren für ein beladenes Kameel, dahinzogen, kam uns der Mudir schon entgegen, begleitet von all seinen Beamten, Dienern und einem grossen Tross Neugieriger. Ich war froh, dass er, als die nicht enden wollenden Ssalamat vorüber waren; anfing in arabischer Sprache zu sprechen, da sonst in der Regel die meisten türkischen Beamten nur ihre eigene Sprache reden. Er führte uns dann nach dem Schlosse, welches wohl aus dem Grunde nicht bewohnt wurde, weil es ganz baufällig, fast eine vollkommene Ruine ist. Zudem hatte der Mudir seinen Wohnsitz nicht darin aufgeschlagen, weil keine Harem-Vorrichtung darin ist. Dies Gebäude, welches den pomphaften Namen Schloss führte, war früher, als Audjila noch unabhängig war, von dem Bei der Oase bewohnt worden. Jetzt konnten wir mit Noth aus all den vielen Zimmern eins herausfinden, welches überdacht war und wo man ein Unterkommen sich schaffen konnte, natürlich mussten gleich die Fensterlöcher und die Thür verstopft und behangen werden, zur Abwehr gegen die unzähligen Fliegen, die aber nur durch vollkommene Dunkelheit zu verscheuchen sind. Meine Leute campirten im Hofe selbst, da die übrigen Zimmer Einsturz drohten, die meisten sogar ganz zusammengefallen waren. Gegenüber vom Schloss befindet sich die Djemma, ein insofern interessantes Bauwerk, als das ganze Dach aus kleinen Kuppeln besteht von 4-5 Fuss Durchmesser auf 8-10 Fuss Höhe. Es ist dies die einzige Kirche im Orte, denn die andern sind blos kleine Capellen, in denen Freitags kein Chotba gelesen wird. Sonst hat Audjila nichts merkwürdiges, der Ort ist ohne Mauern, aber die Häuser selbst bilden nach aussen eine Art Mauer, alle Strassen sind gleich eng, Kaufläden giebt es keine, aber Nachmittags findet immer eine Art von Dellöl oder Auction statt, wo man kaufen und verkaufen kann. Die Bewohner im Orte betrugen sich sehr anständig, nur belästigte uns sehr eine weibliche Marábta (Heilige), welche, in tausenderlei Fetzen gehüllt, mit Federn geschmeckt und mit Ringen und Glasperlen behangen, das Haar lang herabhängend mit bunten Bändern darin, sich für einen Abkömmling der Rumi (Christen) ausgab und bettelte. Da ich anfangs ihr Kauderwälsch nicht verstand und im Glauben sie spotte auf uns Christen, sie schon hinausschmeissen lassen wollte, baten die Bewohner des Ortes, welche immer zahlreich versammelt waren und sich an ihrem obscönen Tanzen und Schreien ergötzten, sie doch gewähren zu lassen, sie sei zwar ein Christenkind, habe aber von einem heiligen Manne ein Kind bekommen und sei dann besessen worden, ob von guten oder bösen Geistern, das wüssten sie nicht, sie sei aber Marábta. Ueberdies sei sie ja eine weitläufige Verwandte von mir. Die Marábta fing nun an auf die Mohammedaner zu schimpfen, um sich bei uns in Gunst zu setzen, die Uádjili mussten das ruhig mit anhören, es war eben eine Heilige für sie. Mit einigen deinen Geschenken für sie und ihr Kind brachten wir sie bald zum Hause hinaus, um dieser widerlichen Scene ein Ende zu machen.

Ich blieb nur noch den folgenden Tag in Audjila, um neue Vorräthe zu kaufen, da wir uns hier bis zur Jupiter Ammons-Oase verproviantiren mussten. Meine Unterhandlungen, um nach Kufra zu kommen, hatten vollkommen fehlgeschlagen, zwar wurden mir Kameele zu vermiethen angeboten, aber die Hauptsache, ein Führer, war nirgends zu beschaffen. Mir blieb nun blos noch die schwache Hoffnung, einen solchen in Djalo zu finden, aber auch das erwies sich später als trüglich. Am 15. April Morgens brachen wir dahin auf.

Sobald man Audjila verlassen, kommt man gleich auf eine grobkiesige Sserir, etwa 20 Meter höher gelegen als die Oase. Wir hielten den grossen Karawanenweg, welcher die Oasen verbindet, und dieser läuft in 160° Richtung. Ausser einem Wegweiser, Allem es Schrab oder Luftspiegelungswegweiser genannt, ist diese öde Fläche eben durch nichts als herrliche Fata morgana unterbrochen, welche hier täglich und zu jeder Jahreszeit beobachtet werden.

Schon nach zwei Stunden erblickt man das Nordwestende des Palmenwaldes von Djalo, Ued el Ftor (Frühstücksthal) genannt, und nach zwei anderen Stunden erreicht man den Brunnen Meslíua, und gleich darauf ist man unter den Palmen der Oase selbst. Man passirt den Ort Siáda, und dann gerade östlich weitergehend, erreicht man, immer von Palmen beschattet, nach einer andern Stunde die Hauptörter l'Areg und Lebba. Beim ersten vorbeiziehend, schlugen wir unser Lager unter einigen schönen Tamarisken auf, zwischen den beiden Orten, welche nur einen halben Kilometer von einander getrennt sind. Unser Empfang war aber hier ein ganz anderer als in Audjila, Banden von Kindern zogen neben uns her: Christenhunde, ungläubige Schweine, Söhne des Teufels, das waren noch die gelindesten Schimpfwerte dieser kleinen Bengel; unsere mohammedanischen Diener kamen nicht besser weg, für sie erfanden sie noch besondere Beinamen, als im Dienste der verhassten Nassara stehend. Als sie nun gar anfingen mit Steinen zu werfen, wurden meine Diener auch grob, und es hätte durch diese kleinen Taugenichtse zu unangenehmen Verwickelungen kommen können, wenn nicht endlich die Eltern gekommen wären, um sie wegzutreiben. Um aber ähnliche Scenen zu vermeiden, machte ich die Eltern aufmerksam darauf, wie viele Brüder, Väter oder Verwandte von ihnen in Aegypten oder Bengasi wären, und dass diese dort Alle für meine Sicherheit und selbst für Beleidigungen würden haften müssen. Dies hatte den guten Erfolg, dass wir nun ruhig campiren konnten.

Der Mudir in Audjila hatte mir für die bedeutendsten Schichs der beiden Oerter Briefe mitgegeben, welche ich gleich bei unserer Ankunft durch den Führer hatte abgeben lassen. Gegen Abend kam denn auch Schich Yunes, um uns zu begrüssen. Es war derselbe, der zur Zeit Hamiltons in Djalo war, und obschon dieser sich eben nicht sehr zufrieden über ihn ausdrückt, gefiel mir der Mann recht gut. Ich bot ihm einen Feldstuhl zum Sitzen an, er meinte aber, er würde herunterfallen, zog seine gelben Pantoffeln aus und setzte sich auf den Teppich. Ohne Zweifel heute der reichste und angesehenste unter den Schichs, ging seine Macht aber doch nicht so weit, mir einen Führer nach Kufra zu verschaffen, oder fehlte der gute Wille? Nach seiner Meinung könne man nach Kufra nur hinkommen, wenn eine Karawane nach Uadai abginge, da der Weg nur einigen Wenigen bekannt sei, und diese gerade jetzt unterwegs wären. Möglich, dass dem wirklich so war, wahrscheinlich aber wollten die Modjabra sowohl, als auch die Uadjili keinen Christen dahin führen, um nicht die guten Beziehungen mit Uadai zu stören. - Abends schickte Schich Yunes eine grosse Diffa, aus allmächtigen Kuskussu-Schüsseln, Basina-Platten und gebackenen Hühnern bestehend; als Gegengeschenk schickte ich einige Pfund Pulver, einige Dutzend Taschentücher, Kautaback und Zucker. Die beiden Oerter aber, viel reicher als Audjila, fanden nicht für gut den Nsrani zu bewirthen; die Uadjili hatten uns einen Hammel geschenkt und ein entsprechendes Gegengeschenk erhalten.

Die beiden Oerter sind ungefähr von gleicher Grösse, und obschon sie von aussen ärmlicher aussehen als Audjila, bedeutend behäbiger im Innern gebaut. Die Häuser sind grösser und mit mehr Comfort ausgestattet, die Modjábra trinken Thee und Kaffee und bringen sich oft von Kairo oder Alexandrien Luxusgegenstände mit, deren Gebrauch der arme Uadjili nicht einmal kennt. Jeder Ort hat eine Hauptmoschee, in l'Areg ist sodann noch eine grosse Sauya der Snussi, in deren Moschee Freitags auch Chotba gelesen wird. Ohne Aussicht, nach Kufra kommen zu können, blieb ich nur noch den folgenden Tag in Djalo, weil ich stündlich meinem Firman von Konstantinopel entgegensah, und Leute mir gesagt hatten, in Audjila sei ein Courier von Bengasi eingetroffen. Unter der Zeit verkaufte ich meinen alten Esel; es wäre unmöglich gewesen ihn durch die Rhartdünen und über die Gerdoba-Ebene zu bringen, ich hätte denn ein eigenes Kameel für ihn halten müssen zum Weitertransport. Und nachdem dann noch Datteln für die Kameele waren eingekauft worden, der Courier aber nicht eintraf, sagten wir den grünen Oasen der Nasomonen Adieu.


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