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Mohammed el Gatroni.

Als ich im Winter 1864 nach schwerer Verwundung auf kurze Zeit nach Deutschland zurückgekommen war, rief mir beim Abschied unser unvergesslicher Heinrich Barth noch nach: "und vergessen Sie nicht den Gatroner, das war mein treuester Diener, irgendwo in Fesan wird er seine Wohnung haben, nehmen Sie ihn ja mit."

Ich hatte mich wohl der Worte Heinrich Barth's erinnert, als ich 1865 in Fesan angekommen war, aber wo der Gatroner wohnte, konnte ich nicht erfahren, und ich hatte schon die Hoffnung aufgegeben, ihn in meine Dienste nehmen zu können, als eines Tages in Mursuk, der Hauptstadt von Fesan, woselbst ich längeren Aufenthalt hatte, einer meiner Neger zu mir kam: "Da ist ein Fremder mit Frau und Kind, er will Dich sprechen, aber er ladet auch seine Habseligkeiten ab, und richtet sich häuslich ein." Ich war begierig den Mann zu sehen, der mit mir reden wollte, und der so ohne Umstände meine Wohnung als die seine zu betrachten schien. Im unteren Hausraum, trat mir ein sehnig aussehendes Männlein entgegen, mit keineswegs schönen Gesichtszügen. Das vorstehende, nach einer Photographie gemachte Bild besagt übrigens mehr als Worte es vermögen, dass der Gatroni weder ein Ganymed noch ein Apollo war.

"Gott grüss Dich, willkommen", redete ich ihn an, worauf er mit einem Redefluss, der sonst mit seiner habituellen Schweigsamkeit contrastirte, begann: "Gott segne Dich, Du hast gewiss lange auf mich gewartet, aber ich habe erst seit einigen Tagen Deine Ankunft erfahren, und dann musste ich doch meine Frau und meinen Sohn mitbringen. Ich habe meiner Frau geschworen nicht wieder auf Reisen zu gehen, aber ich werde doch den Vetter meines Herrn (Barth) besuchen." - Ich merkte schon, dass er innerlich Lust habe, die Reise mit mir zu machen, hiess ihn nochmals willkommen, und nach kurzem war er auch wirklich in meinen Diensten, und hat die Reise nach dem Tschad-See mit mir gemacht. Immer treu und hingebend, liess ich ihn in Kuka zurück, als ich von dort nach dem Golf von Guinea reiste, damit er von da mein Gepäck, welches ich nicht weiter mitnehmen konnte, nach dem Norden zurückbrächte. Auch dieser Aufgabe hat er sich aufs beste entledigt.

Mohammed Gatroni, welcher noch lebt, und in Dodjal, einem kleinen Orte in Fesan wohnt, wird vielleicht jetzt 60 Jahre alt sein, sieht aber viel älter aus als er ist. Und in der That haben die vielen Strapazen, nebst zeitweise ungenügender Kost, seinen ohnedies nicht starken Körper frühzeitig gebrochen. Nicht nur ist er mit Heinrich Barth in Timbuktu gewesen, sondern auch Eduard Vogel, Henry Duveyrier, Moritz von Beurmann diente er, und nachdem er eine Zeitlang, seit er in meinen Diensten gewesen, der Ruhe gepflegt, begleitete er Dr. Nachtigal nach dem Tschad-See. Jetzt haben seine Reisen ein Ende, gichtkrank wohnt er in seinem kleinen Palmhain, und lässt sich pflegen von Kind und Kindeskindern, während er ihnen von seinen grossen Reisen erzählt.

Dass aber in seiner Familie das Reisen erblich ist, beweist sein Sohn Ali. 1864 als er mit seinem Vater nach Mursuk zu mir kam, war er noch ein kleiner Knabe. Kräftig herangewachsen, kam er 1879 nach Sokna, und sich mir zur Verfügung stellend, hat er die Expedition nach Kufra mitgemacht; ein würdiger Sohn seines Vaters, wird er sicher noch manchem Africa-Reisenden zur Seite stehen, und jeder wird ihn treu und ehrlich wie den "alten Gatroner", dem er sehr ähnlich sieht, finden und lieb gewinnen.


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