Im Lager zu Fánago. Verlassene Orte. Ankunft in Saráki. Rasse der Jórubaner. Bauart ihrer Häuser. Schweinezucht. Ueber die Flüsse Oschi und Assa. Die Handelsstadt Ilori. Bei König Djebóro. Die Bevölkerung von Ilori. Abreise ohne Erlaubniss.
In Rabba erhandelte ich ein Pferd zur Weiterreise um den Preis von 80000 Muscheln, der mir für die dortige Gegend und in Anbetracht des derzeitigen Kriegsbedarfs nicht zu hoch erschien. Am 2. Mai brachen wir auf. Die Ueberfahrt über den Niger nahm eine gute halbe Stunde in Anspruch, da die Fährleute das Boot erst eine Strecke weit am linken Ufer hinaufrudern mussten, um es dann durch die starke Strömung zu bugsiren. Anderthalb Stunden südlich vom jenseitigen Ufer gelangten wir an todte Hinterwässer des Niger, welche sich hier zur Zeit des Hochwassers zwei deutsche Meilen ins Land hinein verbreiten. Nahe bei denselben auf einem weiten, Fánago genannten Platze lagerte eine kleinere Abtheilung des königlichen Heeres, etwa 6000 Mann; mit Inbegriff der Weiber, Kinder und Sklaven mochten aber wol 20000 Menschen daselbst versammelt sein. Kurz vor uns war der Damráki, der erste Rathgeber oder Minister am Hofe Mássaban's, zu Fánago eingetroffen, welcher dem Sultan von Ilori, der mit dem König verbündet war, einen prächtigen Rappenhengst als Geschenk von diesem zu überbringen hatte und gleich mir im Lager über Nacht blieb. Ich wurde in eine Hütte zwischen der seinigen und der des Oberbefehlshabers einquartiert. Frühmorgens weckte mich ein betäubender Lärm aus dem Schlafe; 50 Trommler brachten dem Damráki ein Ständchen, und kaum damit fertig, rückten sie auch vor meine Thür, den Spectakel von neuem beginnend. Rasch schickte ich ihnen einige hundert Muscheln heraus, mit dem Bedeuten, aufzuhören oder weiterzuziehen; allein sie schlugen nur um so unbarmherziger auf ihre Pauken los, und nichts von dem Ohrenzwange sollte mir erspart bleiben.
Um 9 Uhr unsern Marsch fortsetzend, passirten wir nach anderthalb Stunden den Ort Para-Para, an dem von Westen kommenden Flusse gleiches Namens gelegen. Von da steigt das Terrain sanft an, doch so allmählich, dass die Steigung nur mittels des Aneroids zu bemerken war. Der Boden, abwechselnd aus schwarzem Humus oder rother Thonerde bestehend, stellenweis auch sumpfig, ist dicht bewaldet, und zwar tritt neben dem Butterbaum der Runo, def eben reife Früchte trug, am häufigsten auf. Bereits machte die Regenzeit ihren Einfluss auf die Vegetation geltend; die Erde kleidete sich in frisches Grün und Tausende von Crocus und andern Zwiebelgewächsen begannen hervorzusprossen. Nach wieder 13/4 Stunden berührten wir den von Osten nach Westen fliessenden Kulufu und das gleichnamige Dorf, das aber infolge des Krieges von sämmtlichen Einwohnern verlassen war, und von da brachte uns ein dreistündiger Marsch zur Nachtstation, dem Orte Parádji. Auch hier standen alle Hütten leer; doch zog glücklicherweise ein Trupp Leute vorüber, die mir Yams zum Abendessen verkauften, und sogar an Fleisch fehlte es der Mahlzeit nicht, denn unverhofft kamen uns zwei Perlhühner zum Schuss.
Andern Tags hatten wir nur noch einen Weg von 2 Stunden südwärts zurückgelegt und hielten dann vor dem Thore der Stadt Saráki. Man verlangte einen Zoll von uns, der von den Karavanen aus Haussa hier erhoben wird; da aber mein Dolmetscher erklärte, wir kämen aus dem Lager des Königs Mássaban und gingen nach Ilori, liess man uns zollfrei einpassiren. Wir zogen durch eine Anzahl Strassen zum Hause, des Ortsvorstehers, der mich freundlich empfing und für unsere Unterkunft sorgte.
Saráki, eine Stadt von etwa 40000 Einwohnern, ist auf mehrern Hügeln erbaut, auch die hohen Ringmauern, von denen sie umschlossen ist, folgen auf und ab dem Zuge der Hügel. Nach Crowther ward der Ort früher bei den Sklaven-Rasien gewissermassen als neutrales Gebiet zwischen Nyfe und Jóruba betrachtet, und den Charakter einer Grenzstadt trägt er heute noch, denn die Bevölkerung besteht theils aus Nyfe-, theils aus Jóruba-Negern; letztere sind jedoch in der Mehrzahl. Die Eingeborenen Jórubas unterscheiden sich von denen Nyfes durch hellere Hautfarbe und regelmässigere, mehr der kaukasischen sich nähernde Gesichtsbildung. Abgesehen von andern, nicht bekannten Ursachen, mag wol zur Zeit, als die Portugiesen lebhaften Handel am Golf von Guinea betrieben, Vermischung von Europäern, die bis ins Jóruba-Gebiet vordrangen, mit den Negerinnen stattgefunden haben. Auch Clapperton bemerkt: "Die Jórubaner haben, wie mich dünkt, im allgemeinen weniger von den charakteristischen Zügen der Neger als andere Stämme. Ihre Lippen sind nicht so dick, und ihre Nase nähert sich mehr der Adlernase als bei den andern Negern. Die Männer sind wohlgebaut und haben etwas Unabhängiges in der Haltung..." Was indess die unabhängige Haltung der Jórubaner betrifft, so habe ich nichts davon wahrgenommen; im Gegentheil bezeigt das Volk mehr sklavische Unterwürfigkeit gegen seine Fürsten und Grossen als die meisten Völker.jenseit des Niger, und es stimmt gewiss nicht mit der eben citirten Bemerkung, wenn derselbe Reisende weiter erzählt, dass beim Tode des Köngs vier seiner Frauen, einige Würdenträger und eine grosse Zahl Sklaven aus den Händen der Fetischpriester in einem Papagaien-Ei tödtendes Gift bekommen oder sich selbst an einem Strick erhängen müssen, oder wenn die Gebrüder Landers mittheilen, es sei gebräuchlich, dass die vornehmste Frau des gestorbenen Königs, sein ältester Sohn und die obersten Hauptleute bei seiner Beerdigung Gift nehmen und mit ihm begraben werden.
Clapperton besuchte das Land im Jahre 1825. Damals war Eyo, von andern Katúnga genannt, dessen Lage er mit 8deg.59' nördl. Breite und 6deg.12' östl. Länge angibt, die Hauptstadt des unabhängigen Königreichs Jóruba. Seitdem ist der Ort von den Fellata zerstört und die herrschende Dynastie vertrieben oder getödtet worden. Ich fand einen von dem grossen Pullo-Reiche abhängigen Vasallenstaat vor, in dem der König jedesmal unter den Vornehmen gewählt wird. Residenz war die Stadt Oyo, südlicher als die frühere gelegen, die aber an Einwohnerzahl den Städten Saráki, Ilori und namentlich Ibádan, der grössten und wichtigsten Stadt des Landes, weit nachstand. In Sierra Leone wird Jóruba Aku, in Nyfe Ayáji und in den Haussa-Staaten Yariba genannt.
Wie in den Rassenmerkmalen die Bewohner Jórubas Abweichungen von den entfernter von der Küste wohnenden Stämmen erkennen lassen, so zeigen sich auch weschtliche Unterschiede in der Tracht und in der Bauart der Wohnungen. Die Kleidung der Männer besteht in einem kurzen engen Hemd ohne Aermel und in anschliessenden, nur bis an die Knie reichenden Hosen - eine zum Arbeiten sowie zum Gehen durch verwachsenen Urwald sehr zweckmässige Tracht. Die Häuser sind nicht runde, nur von einer Familie bewohnte Hütten, sondern bilden ein langgestrecktes Oblongum, in dem viele Familien, allerdings meist untereinander verwandt, wie in Kasernen unter Einem Dache beisammen wohnen. Sie umschliessen in der Regel einen viereckigen Hof, und auch in diesem stehen, wenn er gross genug ist, noch lange schmale Gebäude. An der Vorderseite des Hauses sind die aus Lehm errichteten Wände geschlossen, an der Rückseite laufen sie in eine offene Galerie aus. Zwischen den Wänden und dem Strohdach bleibt freier Raum für den Durchzug der Luft.
In den Strassen Sarákis stösst man überall auf Pfützen und Rinnen voll fauligen Wassers, und dass die Eingeborenen diese ekelhafte Jauche trinken, mag der Grund sein, weshalb viele mit dem Guineawurm behaftet sind. Zur Vermehrung des Schmuzes trägt noch bei, dass hier wie an andern Orten Jórubas starke Schweinezucht betrieben wird. Das zahme Schwein wurde von Europa eingeführt, es findet aber keine zusagende Nahrung, bleibt daher klein und mager, und erreicht selten ein Gewicht von 150 Pfund. Ausser Schweinen trieben auch Hühner und Enten sich auf den Strassen umher. Mit Industrie und Handel scheint man sich wenig zu beschäftigen; ich sah nur eine Färberei und einige Oelsiedereien in der Stadt.
Alle Jórubaner sind eifrige Götzendiener, und so gab es auch in Saráki eine Unmasse von Fetischen aus Holz und Thon und von verschiedenster sowol männlicher als weiblicher Gestalt. Unter andern fiel mir ein aus Holz geschnitztes Götzenbild auf mit europäischen Gesichtszügen, langem Bart und- einer Bischofsmütze auf dem Kopfe; es mochte wol einem portugiesischen Heiligen nachgebildet sein.
Wir verliessen Saráki am 6. Mai und gingen 3 Stunden in südsüdwestlicher Richtung durch eine gebirgige Gegend. Oft führte der Weg steil abfallende, mit wilden Bananen und Plantanen bewachsene Schluchten hinab. Das zu Tage tretende Gestein ist grösstentheils Granit; sonst war der Boden mit fettem Humus bedeckt, auf dem sich ein üppiger Pflanzenwachs entfaltete; bunte Schmetterlinge umschwärmten die aufs mannichfachste geformten Blüten und Blumen. Ehe wir aber das Dorf Apoto, 31/2 Stunden von Saráki, erreichten, wurden wir von zwei tüchtigen Regenschauern durchnässt. Dort angekommen, legten die gemietheten Träger ihre Bürde ab und erklärten, sie wollten nicht weitergehen. Mit vieler Mühe gelang es mir durch Vermittelung des Ortsvorstehers, drei Weiber zu dingen, welche das Gepäck bis zu dem nächsten, noch 11/2 Stunden südwestwärts entfernten Dorfe trugen.
Von da brachen wir den andern Morgen um 71/2 Uhr auf. Das Terrain ist hier nur leicht gewellt, und die ganze, mit Yams, Baumwolle und Arachis reich angebaute Landschaft glich einem Garten. Am Wege sassen hier und da Leute, die Esswaaren, darunter auch geröstete Raupen feilboten. Schon Landers hat auf die sonderbaren Gelüste der Eingeborenen aufmerksam gemacht. Nachdem er erzählt, dass der König von Jóruba sich das Fleisch eines crepirten Esels habe wohl schmecken lassen, fährt er fort: "Die Bewohner von Yóruba essen so ziemlich alles, was ihnen vorkommt, Frösche, Affen, Hunde, Katzen, Ratten, Mäuse u. s. w. Ein grosser Leckerbissen sind Heuschrecken, schwarze Ameisen und Raupen; letztere werden gedämpft und mit Yamswurzeln gegessen, erstere in Butter gebraten." Die zum Essen beliebteste Raupenart ist eine Bärenraupe mit langen Haaren, welche natürlich beim Rösten abgesengt werden. - Erst 1 Stunde westwärts, dann westsüdwestwärts gehend, gelangten wir an den rasch von Süden nach Norden strömenden Fluss Oschi. Wir setzten in einem Canoe über und befanden uns nun im Königreich Ilori, womit das eigentliche Jóruba-Land beginnt. In dem am Ufer des Flusses gelegenen Orte Oschi waren keine Träger zu haben; ein Theil des Gepäcks musste daher meinem Pferde aufgeladen, das übrige von uns selbst getragen werden. Die Gegend gestaltet sich von Oschi an zu einer fruchtbaren. sorgfältig cultivirten Hochebene. Ein anderthalbstündiger Marsch auf derselben in westsüdwestlicher Richtung brachte uns bei Sonnenuntergang zu dem lebhaften Marktorte Okióssu, der letzten Station vor der grossen Stadt Ilori, die man schon mit blossem Auge am Fusse eines einzelnen Bergkegels liegen sieht. Einer von den freundlichen Einwohnern Okióssus gewährte uns nicht nur Wohnung in seinem Hause, sondern bestellte auch unentgeltlich die nöthige Anzahl Träger für den folgenden Tag.
Als ich morgens 61/2 Uhr von unserm gastlichen Wirthe Abschied nahm, gab er mir noch sein vierzehnjähriges Töchterchen zum Tragen meiner Doppelflinte mit. Wir gingen 11/2 Stunden westsüdwestlich immer zwischen blühenden Feldern hin bis zu einem Arme des Flusses Assa oder Asa (von Dr. Grundemann in dessen "Missions-Atlas" mit dem Namen Unya bezeichnet), der von seiner Quelle an südwestlich fliesst, dann ungefähr 12 Stunden oberhalb Ilori geraden südlichen Lauf nimmt und weiter unten in den Oschi münden soll, um mit diesem vereint dem Niger zuzuströmen. Es ging lebhaft bei der Fähre zu, viele Leute liessen sich überfahren, und wir mussten eine ziemliche Weile warten, bis die Reihe an uns kam. Das mochte meiner kleinen Begleiterin wol zu lange dauern. Rasch waren ihre Kleider um den Kopf zusammengebunden, sie sprang ins Wasser, und mit einem Arm die Flinte emporhaltend, schwamm sie behend an das jenseitige Ufer. Der Landungsplatz ist noch 1 Stunde von der Stadt entfernt. lch schickte meinen Dolmetscher voraus, damit er mich bei dem Magádji, dem ersten Minister des Königs anmelde, und folgte mit den andern langsamem Schritts durch die reichgeschmückte, menschenbelebte Landschaft.
Schon in Kuka und seitdem allerwärts auf dem Wege vom Tschad-See hierher hatte ich so viel von der berühmten Handelsstadt Ilori reden gehört, dass meine Neugier nicht wenig erregt war und mir das Bild eines europäisch civilisirten Emperiums vorschwebte. Mit um so grösserm Entsetzen traf mich der Anblick, der sich uns gleich am Stadtthore darbot. Gerade vor dem Eingange, gleichsam als Thorwächter, hingen die blutigen Leichname dreier Gepfählten; der spitze Pfahl, mit dem sie durchbohrt worden, ragte noch aus den scheusslich verzerrten Gesichtern heraus. Ganz erfüllt von dem grauenhaften Eindruck, ritt ich durch die Strassen bis zu dem grossen Platze vor der königlichen Residenz. Hier wurden wir von dem Magádji an der Spitze einer Anzahl anderer Würdenträger empfangen und in sein an demselben Platze gelegenes Haus geführt.
Der Sitte gemäss durfte ich erst mehrere Tage nach der Ankunft dem König meine Aufwartung machen. Nachdem ich ihm inzwischen durch den Magáji meine Geschenke hatte überreichen lassen, darunter zwei Stück Seidenzeug, womit mich die Herren in Lokója zu dem Zweck ausgestattet, beschied er mich am 12. Mai zur Audienz. Unter der offenen, an der Aussenseite seiner Wohnung befindlichen Veranda kam mir einer von den Hofbeamten entgegen und hiess mich dort warten, bis der König nach mir schicken würde. Wieder hatte ich hier das entsetzliche Schauspiel von vier Gepfählten; von dem einen steckte nur noch der Kopf auf der Stange, während der Rumpf losgetrennt und heruntergeglitten war; und das Grauenvolle des Anblicks wurde für mich durch den Umstand erhöht, dass die Leichname, wahrscheinlich weil das dunkle Pigment unter der Haut geschwunden war, beinahe wie Weisse aussahen. Auf mein Befragen, was die so grausam Hingerichteten verbrochen hätten, erwiderte der Beamte, die drei am Thore Aufgestellten seien Diebe, die vor der Wohnung des Königs Rebellen gewesen, unter letztern ein Häuptling; dieser sei lebendig gepfählt worden, die andern habe man vorher erdrosselt.
Ich athmete auf, als endlich die königlichen Diener erschienen, um mich ins Innere des Hauses zu führen. Durch mehrere Höfe und Gemächer folgte ich ihnen bis zu einem länglichen, oben offenen, aber schattigen Raume. Zu beiden Seiten sassen in Reihen die Grossen des Hofes. Ich schritt durch den in der Mitte frei gelassenen Gang auf ein am Ende desselben stehendes, mit Bambusrohr vergittertes Häuschen zu, in welchem Seine Majestät wie in einem Käfig thronte. In einiger Entfernung davon war ein Schaffell über den Boden gebreitet. Man bedeutete mich, darauf niederzusitzen, und nun wurden mit Hülfe der Dolmetscher die Begrüssungsformeln gewechselt. Bei den Worten des Königs neigten sämmtliche Hofleute den Kopf so tief, dass sie mit der Stirn die Erde berührten. Die Unterhaltung war übrigens sehr kurz, da der König krank zu sein schien, sie beschränkte sich auf herkömmliche Redensarten. Trotzdem wünschten mir nachher die Grossen Glück zu dem äusserst gnädigen Empfang, der mir seitens des Herrschers zutheil geworden sei. Als Gegengabe für die überreichten Geschenke erhielt ich 10000 Muscheln und einen Ziegenbock.
König Djebéro ist der Schwiegervater des Königs Mássaban von Nyfe und gleichfalls mohammedanischer Fulan. Die Herrschaft der Fellata über Ilori wurde erst durch seinen Grossvater Alim gegründet. Dieser hinterliess das Reich seinem Sohne Abd-es-Ssalam, welchem zunächst der ältere Sohn Schito und nach dessen Tode der jüngere, Djebéro, gefolgt ist. Dem Einfluss des Hofes nachgebend, trat wol auch in Ilori mancher zum Islam über, und man sieht viele Moscheen oder Betplätze in der Stadt, im ganzen ist jedoch das Volk seinen heidnischen Götzen treu geblieben. Zwei christliche Missionare aus Sierra Leone, geborene Jórubaner, waren eben in Ilori angekommen; ob man aber den Herren, deren Wesen keineswegs einen vortheilhaften Eindruck auf mich machte, erlaubt hat, sich dort niederzulassen und eine Kirche zu bauen, ist mir nicht bekannt geworden.
Die Stadt bildet ein fast regelmässiges Polygon und ist von hohen, aber schlecht unterhaltenen Mauern umschlossen, die an der Südostseite von einem kleinen, aus Süden kommenden und in den Assa mündenden Fluss bespült werden. Ihr äusserer Umfang beträgt nahe an 4 Stunden, was die Haussa und Araber verleitet haben mag, die Einwohnerzahl übertrieben hoch anzugeben. Ich schätze die Zahl der Angesessenen, ungerechnet die fremden Kaufleute und Waarenträger, deren allerdings immer sehr viele sich hier aufhalten, auf 60-70000. Ueber den viereckigen Häusern erheben sich hochragende Dächer, die aus Palmästen gezimmert und mit den langen dürren Halmen eines wildwachsenden Grases gedeckt sind. Die vorhältnissmässig breiten Strassen und die zahlreichen offenen Plätze waren alle mit Verkaufsbuden besetzt, doch gibt es nur vier grössere eigentliche Marktplätze.
Ilori ist der letzte Ort nach der Küste zu, bis wohin die Haussa Producte aus dem Innern, z. B. Natron vom Tschad-See, und vom Mittelländischen Meere oder von Aegypten her eingeführte Waaren, wie Burnusse, rothe Torbusche, gemusterte seidene Zeuge, Essenzen u. s. w., zum Verkauf bringen, und es muss wunder nehmen, dass die Engländer, die doch Ilori um so viel näher sind, noch nicht den ganzen Handel dahin sowie nach allen Negerländern bis zum Tschad-See an sich gezogen haben, sondern sich damit begnügen, Branntwein, Flinten und Pulver für die Haussa auf den Markt von Ilori zu schicken. Das Monopol des Branntweinhandels im Reiche besass damals ein Bruder des Magádji.
Von den Einwohnern selbst werden übrigens verschiedene Gewerbe und Industrien mit grosser Geschicklichkeit betrieben. Sie verfertigen schöne Lederwaaren, Schüsseln und Teller mit Holzschnitzerei, Matten von ausgezeichnet zierlichem Flechtwerk, Stickereien, Thongefässe aller Art, halb gelb- und halb rothlederne Schuhe, und in der Landwirthschaft brachten sie es zur Käsebereitung, deren Kenntniss ich bei keinem andern der von mir besuchten Negerstämme, und auch bei den Fellata-Nomaden nicht gefunden habe. Die Trachten sind hier infolge des starken Fremdenverkehrs und der leichten Verbindung mit der Küste von ziemlicher Mannichfaltigkeit, einmal begegnete mir sogar eine in farbigen Sammt gekleidete Negerin. Als Kopfbedeckung tragen die Männer aus vornehmem Stande einen tripolitaner oder ägyptischen Torbusch, die Geringern eine durchsteppte weisse Kattunmütze und manche noch einen Strohhut darüber.
Da ich die Erfahrung gemacht hatte, wie schwer oft unterwegs Leute zum Tragen des Gepäcks zu bekommen sind, nahm ich die Gelegenheit wahr, auf dem Markte von Ilori den entbehrlichen Theil meiner Waaren in Muscheln umzusetzen und mir für den Erlös drei Esel zu kaufen. Ueber dem Feilschen und dem Abzählen der Muscheln verging ein voller Tag. Unterdess ersuchte ich den Magádji, er möge mir bis zum 14. mittags eine Abschiedsaudienz beim König oder doch dessen Erlaubniss zur Abreise verschaffen. Nicht zweifelnd, dass mir solche im Laufe des Vormittags zukommen werde, schickte ich am Morgen des 14. meine Diener mit den bepackten Eseln unter Hammeds Aufsicht bis zu dem Dorfe Jara, dem ersten Orte jenseit der Grenze, voran; dort sollten sie auf mich und Noel, den ich bei mir behielt, warten. Es wurde indess Mittag, und eine Botschaft vom König war mir nicht überbracht worden. Da erklärte ich dem Magádji auf das Bestimmteste, ich würde in keinem Fall länger als höchstens noch drei Stunden verweilen. Allein er glaubte immer noch nicht an den Ernst meiner Worte; wie jemand wagen könne, ohne ausdrückliche königliche Erlaubniss die Stadt zu verlassen, schien ihm undenkbar zu sein. Punkt 3 Uhr brachte Noel mein Pferd vorgeführt, ich schwang mich in den Sattel und ritt, während der Minister vor Erstaunen ob so unerhörter Kühnheit wie festgewurzelt dastand, die breite Strasse hinab, dann so rasch als Noel zu folgen vermochte dem südwestliühen Thore zu.