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FUNFZEHNTES KAPITEL. GESAMMTBILD VON KUFRA.

Allmähliche Steigerung des Landes von Norden nach Süden. - Dünen. - Bodenbeschaffenheit. - Gestein und Gestalt der Berge. - Nirgends Versteinerungsschichten. - Kein fliessendes Wasser. - Vielleicht sämmtliche Oasen Kufras ursprünglich Sümpfe. - Unterirdisch zugeführte Gewässer. - Dicht neben den Salzsümpfen Süsswasser. - Ueberall gutes Wasser und Vegetation. - Die fünf Hauptinseln. - Die Oasen Sirhen und Birbehna. - Die Wurfspiessspitze von Feuerstein. - Einwohnerzahl. - Der von Sidi el Madhi von Djarabub angelegte Brunnen. - Vermehrung und grosse Pflege der Palmen. - Eigenthümlich die Verbuschung der Palmen.

Die Oase Kufra liegt zwischen 26 und 24deg. nördl. Br. und 21 und 24deg. östl. L. von Greenwich. Das Land steigt von Norden nach Süden an, da die nördlichste Oase Taiserbo circa 250 m über dem Meere, dagegen Kebabo circa 400 m höher liegt. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass nach dem Süden bis Uadjanga eine ebenso allmähliche Steigerung stattfindet wie von Audjila-Djalo bis Kufra. Die Gestaltung des Bodens ist derart, dass im Norden die Oase von einem schmalen Dünenkranz, nördlich von Taiserbo die Maislik-Dünen genannt, umsäumt wird. Mitten durch die Oase ziehen sich auch Dünen, welche im Zusammenhang mit dem libyschen Sandocean zu stehen scheinen, also eine Ausbuchtung des Sandmeers nach Westen bilden. Nördlich von Kufra erstrecken sie sich aber nicht so weit nach Westen; dass sie die Karavanen behindern könnten, und selbst der Weg von Djalo nach Sirhen ist vollkommen sandfrei, während eine Communication bis Djarabub wegen der Dünenzüge nicht existirt. Die Dünen erreichen mit Erbehna ihre Westgrenze, und die ganze Gegend im Süden von Kufra bis Uadjanga ist sandfrei. Der Boden der Oasen selbst, nördlich wie südlich, besteht aus mergeligem Sand, dagegen ruht das hervorstehende Gebirge auf nubischem Sandstein, der im Gebirge südlich von Kebabo zu Tage tritt. Der Sandstein ist vom Kalk überbaut und von lavaartigen Massen übergossen. Versteinerungsschichten kommen nirgends in Kufra vor. Die Gebirge und Berge sind alle tafelförmig und der Anblick derselben so, als ob das Umland fortgehoben wäre - ob durch Windesgewalt oder Wasser, lasse ich dahingestellt sein -, während die Bergketten und Gebirgsreste als "Zeugen" stehen blieben. Sie sind alle gleich hoch, d. h. es gibt keine hervorragenden Spitzen, aber die Höhe nimmt gleichmässig nach Süden zu.

Was die hydrographischen Verhältnisse von Kufra anbetrifft, so gibt es, in keiner der Inseln ein fliessendes Gewässer, und wären es auch nur Wasserfäden wie die, welche die Quelle von Rhadames oder die von Sella erzeugt. Es scheint indess in jeder Oase eine mächtige Wasserschicht zu bestehen, welche je nach der localen Erderhöhung bei einer Tiefe von 1 - 3 m auf Wasser führt. Ob ursprünglich alle Oasen, wie jetzt noch Erbehna und Buseïma es zum grössten Theile noch sind, Seen oder doch Sümpfe waren (Licomedis palus, Cleartus palus), wage ich nicht zu entscheiden. Thatsache ist, dass in den beiden grossen Oasen Taiserbo und Kebabo noch ausgedehnte Sümpfe mit kleinen Seen vorhanden sind, wenn auch heute derart stellenweise von Sand überschüttet, dass sich überall und nicht blos an den Rändern die den Salzsümpfen der Oase eigene Vegetation, Kasbah und Ethel, hat entwickeln können. Mit fast allen andern Oasen der Sahara haben die Inseln Kufras das gemein, dass sich unmittelbar neben den Salzseen und Salzsümpfen und Sebchas Quellen mit Süsswasser finden. Eine genaue chemische Analyse ergibt allerdings immer, dass auch diesen Süsswasserquellen bedeutende Partien Salz beigemengt sind, wenn auch die an Salzwasser oder Bittersalzwasser gewöhnte Zunge des Menschen das reinste und süsseste Wasser zu schmecken glaubt.

Woher die so reichlichen Wässer in Kufra stammen, muss vorläufig wol eine offene Frage bleiben, bis die Gegenden südlich von dieser Oase einer genauen Untersuchung unterzogen sind. In Kufra soll es regnen, aber nicht in jedem Jahre, und Zeichen von Regenspuren, wie sie z. B. in grossartiger Weise in Djofra, in den Uidian und den von den Bergen kommenden leeren Rinnen sich zeigen, gibt es in Kufra nicht. Man muss also annehmen, dass die Gewässer unterirdisch zugeführt werden, vielleicht von Uadjanga her, wo nach den Aussagen der Suya jedes Jahr Regen fallen soll. Wahrscheinlich sind die Berge von Uadjanga und namentlich Ennedi höher als wir annehmen. In Uadjanga soll ein Fluss zu passiren sein (Ger), der nach Aussage der Karavanen zuweilen trocken, zuweilen eine halbe Stunde breit ist und seine Hauptrichtung von Osten nach Westen nimmt.

So kommt in Kufra und zwar in Taiserbo nur einmal die Benennung Uadi vor, worunter man aber einen langgestreckten Salzsumpfsee mit Salzwassertümpeln versteht.

Kufra enthält fünf Hauptinseln, von denen zwei im Norden, eine in der Mitte und zwei südlich von der Kufra durchschneidenden Djebel Neri gelegen sind. Im ganzen haben diese Inseln nach einer von Behm vorgenommenen Berechnung ein Areal von 17818,3 qkm. Hiervon kommen auf Kebabo 8793,5 qkm, auf Sirhen 2053,8 qkm, auf Bu Seïma 313,9 qkm, auf Erbehna 313,9 qkm und auf Taiserbo 6343,2 qkm.

Kufra unterscheidet sich insofern von allen ähnlichen Oasen, z. B. von Dachel, Djofra, Chargeh u. s. w., als man überall dem Boden gutes Wasser entlocken kann und überall Vegetation findet, wenn auch letztere meistens aus Kamelfutter besteht. Aber mit Ausnahme von Kebabo, wo sich ein langgestreckter Felsgrat von Osten nach Westen durch die Oase erstreckt, sodass Kebabo eigentlich aus zwei Oasen besteht, ist innerhalb der Oasen nirgends vegetationsloser Boden.

Da die einzelnen Oasen beim Durchziehen derselben schon Berücksichtigung gefunden haben, so bleibt mir nur noch übrig, bezüglich Sirhens zu sagen, dass diese Insel gerade östlich einen starken Tagemarsch, circa 50 km von Taiserbo entfernt liegt. Sirhen hat keine Datteln, aber könnte sie haben. Dagegen soll das Wasser dort vorzüglich sein, und die ausgezeichnete Kamelweide macht, dass Sirhen der Durchgangspunkt für die Karavanen von Norden nach dem Süden und umgekehrt ist. Weil in Kufra noch Land genug brach liegt, das für die Cultur der Dattelpalme verwandt werden kann, so haben Snussi wie Suya bisjetzt auf Anpflanzungen in Sirhen verzichtet.

Erbehna, auf gleicher Höhe wie Kebabo, vielleicht etwas mehr nach Norden gelegen, soll ganz von derselben Grösse wie Buseïma sein. Auch darin soll es dieser Oase gleichen, dass sich das mit Palmen bestandene Land um einen an einem Berge gelegenen Salzsee erstreckt. Erbehna dürfte identisch sein mit dem auf Nr. I der Zehnblattkarte verzeichneten Arbat. Man lobte uns den Gazellenreichthum der Oase, der ja auch sehr leicht möglich ist, da sowol Tebu wie Araber nur zu kurzem Aufenthalte hierherkommen.

Da über Pflanzen und Thiere noch besondere Abhandlungen folgen, so brauche ich nicht dabei zu verweilen, und zu den Bewohnern übergehend, stehe ich nicht an, zu erklären, dass ich Kufra für einen uralten Stammsitz der Garamanten halte. Die in Buseïma gefundenen Bauten lassen auf viel älteres Volk schliessen, als die modernen Tebu oder Teda es sind. Und bezeichnend war es, dass ich bei einem Spaziergange südlich von Boëma eine wunderschön gearbeitete Wurfspiessspitze aus Feuerstein fand, welche leider beim Ueberfall verloren ging. Dieselbe hatte diese Form und Grösse: [Zeichnung]

Zu unserm Bedauern konnten wir wegen unserer so ungünstigen Verhältnisse in Kufra über die Tebu gar nichts erfahren. Die Suya waren in dieser Beziehung so verschlossen, dass ich nicht zu erkunden vermochte, ob die Tebu blos vorübergehend nach Erbehna und Kebabo kommen, oder sich irgendwo daselbst wieder ansässig machten. Sonst gibt es feste Besiedelungen nur in Sauya el Istat und Djof auf Kebabo. Djof ist ganz neuen Datums und hat höchstens 200 Seelen. Aber der starke Nachwuchs, das reichliche Land, die gesunde Luft lassen vermuthen, dass sich die Einwohnerzahl bald verdoppeln werde. Im ganzen dürften also in Kufra, die Sklaven einbegriffen, kaum mehr als 700 Menschen wohnen, bei der Grösse des Landes eine mehr als schwache Bevölkerung.

Ungefähr 50 km südlich von der westlichsten Vegetationsgrenze von Kebabo, 60 km vom Brunnen Taheida entfernt, hat Siäi el Madhi von Djarabub vor einigen Jahren einen Brunnen, Bir Bischra genannt, graben lassen, welcher 40 Gamat, d. h. circa 40 m tief sein soll. Dadurch ist die lange wasserlose Strecke bis Uadjanga etwas abgekürzt worden. Ich zweifle übrigens keinen Augenblick, dass sich auch zwischen Audjila und Taiserbo Brunnen würden anlegen lassen, aber die Suya selbst wollen nichts davon wissen, damit der Zugang zu ihrer Oase ein schwieriger bleibe. Es ist allerdings keine Kleinigkeit, die Früchte von einer Million Palmen - so hoch kann man den Bestand aller Palmen in Kufra veranschlagen - allein geniessen zu können!

Dazu kommt, dass man die jungen Anpflanzungen, namentlich in ganz Kebabo, aufs grossartigste pflegt: Schich Krim el Rba hat allein einige hundert junge Palmen gesetzt, welche schon anfangen zu tragen. Aber das Eigenthümliche bei den gepflanzten Palmen Kufras ist die Tendenz, sich zu verbuschen, wie denn überhaupt einzelne Palmen in der ganzen Oase nur ausnahmsweise zu finden sind. Man sieht riesige, bis an 20 m hohe Büsche von 30-50 m im Umfang, gebildet aus dem dichtesten Unterholze, wenn ich mich bei Palmen dieses Ausdrucks bedienen darf, und aus demselben heraus entwickeln sich 20-60 Palmbäume. Ein ganzer solcher Busch, wenn man daran lagert, wird "Hausch" genannt.


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