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Die Sahara oder die grosse Wüste.

Nach den besten und neuesten geographischen Lehrbüchern wird der Flächeninhalt der Sahara planimetrisch zu 114,600 deutschen Quadratmeilen[8] angenommen, d.h. ein Raum dreimal so gross als das Mittelmeer, zehnmal so gross wie Deutschland[9]. Rechnen wir aber die Partien Landes ab, die noch einen regelmässigen feuchten Niederschlag haben: ein breiter Saum längs des atlantischen Oceans, dann im Süden Vorsprünge, die sich in die Sahara hinein erstrecken und in der Regel mit zur grossen Wüste gerechnet werden, aber kein Sahara-Gebiet sind, so würde der Flächeninhalt wohl um ein Erkleckliches geringer ausfallen.

Man muss vor allem erst feststellen, was unter Sahara zu verstehen ist, und die beste Antwort ist die, wo jeder (wenigstens der regelmässige) feuchte Niederschlag fehlt[10], desshalb absoluter Mangel an Pflanzen ist, welche des Regens bedürfen, und wo grosse, reissende Vierfüssler existiren. Eigentlich dürfen wir desshalb Asben zur Sahara nicht rechnen; Barth sagt, dass südlich vom 18deg. in der, von Baghsem, Dogem und den Höhen von Auderes gebildeten Bergmasse, der mähnenlose Löwe und andere Raubthiere vorkommen. Der südliche Theil von Air würde also schon zum Sudan zu rechnen sein. Ebenso ist es unentschieden, ob nicht vielleicht Borgu, wenigstens die südlichere Region mit Sudan gleiche Pflanzen und Thiere hat. Aber wenn wir auch alle diese wie Halbinseln in die Sahara hineinreichenden fruchtbaren Ländergebiete abrechnen wollten, welch ungeheurer Raum bleibt dennoch übrig für das Gebiet, welches die Griechen { %èõãés, die Römer desertum nannten, und welches wir Europäer mit den Arabern die Sahara nennen.

Dieser grosse, fast aller Vegetation bare Raum, zwischen dem Mittelmeer und dem Süden einerseits, zwischen dem atlantischen Ocean und dem rothen Meer andererseits gelegen, oder in Zahlen ausgedrückt, zwischen dem 321/2, und 161/2deg. nördlicher Breite und dem ldeg. und 50deg. östlicher Länge v. F.[11] ist nur ein Theil jenes grossen Wüstengürtels, der fast ununterbrochen sich durch Asien nach Nordosten bis zum ca. 140deg. östlicher Länge v. F. hin erstreckt, und erst im Osten der Mongolei seinen Abschluss findet. Wir haben es hier nur mit der grossen Wüste Africas, der Sahara, oder grossen Wüste schlechtweg zu thun.

Die Kenntniss der Griechen über die Sahara war eine sehr mangelhafte, da man überhaupt in den ältesten Zeiten die Existenz von Ländern im Innern von Libyen leugnete. Erst Herodot erfuhr von Etearchus, dem Hohenpriester des Ammontempels, fünf nasomonische Jünglinge hätten die Wüste durchzogen, und höchst wahrscheinlich sehen wir hier die erste Karawane, welche, soweit es geschichtlich nachgewiesen worden kann, den Sudan und dem Anscheine nach den Niger erreichte. Die Karthager unterhielten höchst wahrscheinlich mit den Aethiopiern einen lebhaften Handel, und zwar waren die Garamanten die Vermittler.

Als die Römer ihre Herrschaft über die Nordküste von Africa ausdehnten, dachten sie auch daran, sie soweit wie möglich ins Innere vorzuschieben, und noch heute in der Nord-Sahara befindliche Denksteine erinnern an ihre einstige Anwesenheit. Ob indess, wie Duveyrier mit Vivien de St. Martin annimmt, die Römer gar in Air gewesen sind, und diess zu identificiren wäre mit Agisimba regio, wage ich nicht zu behaupten. Wenn Duveyrier die Ausführbarkeit einer römischen Expedition von Garama aus unter Septimus Flaccus und Julius Maternus dadurch unterstützen will, Eingeborene haben ihn einer fahrbaren Strasse durch Tellizzarhen, Anai und Tin-Telloust versichert, so ist das jedenfalls kein sicheres Zeugniss. Denn ein anderes Anaï als der nördlichste Ort der Oase Kanar existirt überhaupt nicht und wenn man in jenen Gegenden Abbildungen von Wagen, gezogen von Buckelochsen, findet, sagt das nicht mehr, als wenn man in Tafilet oder Tuat einen Dampfer (wie ich deren dort oft auf rohe Art gemalt fand, vielleicht von Mekkapilgern, um ihren daheim gebliebenen Landsleuten zu versinnlichen, wie ein "Feuerschiff" aussehe) abgemalt findet. Stützt mein gelehrter Freund sich aber auf Barth, der in Telizzarhen ähnliche Sculpturen, wie die von Aneï[12], gesehen haben soll, so sagt der citirte Reisende wörtlich: "Dass diese Darstellung, (die Sculpturen von Telí-ssa hé, wie Barth schreibt) nicht von einem Römer herrühren, scheint mir klar", und dann etwas weiter: "aber diese Sculpturen haben durchaus nichts von römischem Charakter."

Freilich besassen die Römer nach den Peutinger'schen Tafeln eine weit nach dem Süden, bis nach dem heutigen Agades, sich hin erstreckende Karawanenstrasse. Ob das aber in der That ein für die Römer benutzbarer Weg war, ist bei der damaligen Abwesenheit des Kamels sehr fraglich. Höchst wahrscheinlich beschränkten sie sich darauf, bis zu den Sitzen des mit ihnen am meisten in Verkehr stehenden Wüstenvolks, der Garamanten, vorzudringen, diesen den eigentlichen Handel mit den schwarzen Aethiopiern überlassend.

Im übrigen will ich keineswegs Henry Duveyrier und seinem trefflichen Werke "Exploration du Sahara" zu nahe treten, das Capitel "géographie ancienne" und alle übrigen sind das beste, was über die Sahara geschrieben wurde.

Dass die Sahara einst vom Meere bedeckt gewesen, ist, wohl ganz zweifellos. Die zahlreichen Versteinerungen und Muscheln, letztere zum Theil noch von solchen, die heute in den angrenzenden Meeren lebendig anzutreffen sind, bestätigen es. Namentlich sind aber die colossalen Sandanhäufungen der Sahara der sicherste Beweis der ehemaligen Ueberfluthung dieses Raumes.

Man findet Sandanhäufung, Dünen dermassen viel verbreitet, dass man sich bis noch nicht vor langem die Sahara als ein einziges grosses Sandmeer vorzustellen pflegte. Davon ist man aber jetzt zurückgekommen.

Ueber die Entstehung der Dünen hat Vatonne und nach ihm Duveyrier, Desor und andere gesagt, dass der Sand nicht durch die Wirkung des Wetters und Windes hervorgebracht wäre, sondern an Ort und Stelle noch jetzt durch eine chemische Zersetzung der Felsen stattfände. Zur Unterstützung seiner Meinung führt Vatonne namentlich an, dass der Wind im Grossen und Ganzen wenig Veränderung in der Formation und äusseren Gestalt der Dünen hervorbringe, dass man oft auf hohen Plateaux einzelne Sandberge antreffe, und endlich dass die Sanddünen immer aus denselben Stoffen bestanden wie die sie umgebenden oder sich unter ihnen befindenden Felsmassen.

Es liegt in dieser Theorie Vatonne's ein Widerspruch. Denn wenn Vatonne die Sandbildung durch das Meer nicht zugeben will, sondern nur der Atmosphäre diese Rolle zuschreibt, so muss jedenfalls der Wind als grösstes Agens gewirkt haben. Die eigenthümliche Formation der "Zeugen", welche man so häufig wie colossale Steinpilze in der Sahara antrifft, kann nur durch Wasserströmungen oder Luftströmungen entstanden sein. Eine chemische Zersetzung durch Licht, Electricität, Hitze und Kälte der Felspartien, ohne dies ganz hinwegläugnen zu wollen, hat aber in einem so kurzen Zeitraume, seitdem die Sahara besteht, unmöglich so ausgedehnte und voluminöse Sandanhäufungen schaffen können. Es ist diess namentlich unmöglich bei dem geringen Feuchtigkeitsgehalt in der saharischen Atmosphäre, die ewig trockene Luft spricht schon von selbst gegen eine bedeutend wirkende chemische Zersetzung. Henry Duveyrier spricht zwar von torrentiellen Strömen, welche er am Fusse des Tasili-Plateau's im Jahre 1861 erlebt hat; ich selbst habe in Fesan im März 1866 Regen fallen sehen, aber letzterer war jedenfalls eine Ausnahme. In Tafilet, Tuat, Rhadames, Audjila, Siuah und Fesan, sagten mir die Eingeborenen, dass es jährlich nicht bei ihnen regne, höchstens hätten sie alle 20 Jahre einmal einen kleinen Regen. Desshalb haben sie auch das Schmelzen ihrer Häuser, in vielen Ortschaften aus Salzklumpen errichtet, nicht zu fürchten. In Kauar, im eigentlichen Centrum der Sahara, regnet es aber nie. Dass H. Duveyrier am Fusse des Ahagar-Plateau's solche starke Regengüsse erleben konnte, ist erklärlich durch das hohe Plateau selbst, welches vielleicht noch höhere Berge besitzt. Weiss man, wie hoch der Uatellen ist? Das ganze Ahagar-Plateau scheint eher eine Insel in der Sahara zu sein, mit eigenem Klima.

Henry Duveyrier constatirt übrigens auch S. 118: "In Sâlah, am Fusse des Ahagar, hatte man, wie man mir sagte, eine Reihe von 20 Jahren gehabt ohne den mindesten Regen." Es findet z.B. so wenig Oxydation statt, dass man in der Sahara nie nöthig hat, Waffen oder Eisenzeug zu ölen, um es gegen Rost zu schützen; Leichname mumificiren in kurzer Zeit, Fleisch, wenn an die Luft, gebracht, fault nie, sondern trocknet einfach aus.

Wenn Vatonne sich ferner darauf stützt, dass alle Dünen, einen Kern aus Felsen bestehend, in sich schlössen, so kann das bei einigen sein, bei den meisten ist es aber nicht der Fall. Und dann ist das auch gar kein Beweis, dass eben die Düne aus einem Felsen entstanden und der felsige Kern nur der Rest der noch nicht zersetzten felsigen Masse sei: der Sand häuft sich eben am liebsten nur an einem festen Gegenstand.

Ebenso gilt der Grund, weil sich auf den höchsten Plateaux oft Dünen finden, nichts: der Sand hat sich dort um einen Stein, Felsblock oder sonst einen Gegenstand gesammelt und vorgrössert.

Es ist also anzunehmen, dass der Sand der Sahara ein Product des Meeres ist, und es ist das jedenfalls die natürlichste und ungekünstelste Erklärung. Das Meer zersetzt nicht nur in unserer Zeit noch fortwährend Felsmassen zu Sand, sondern entledigt sich desselben auch an vielen Orten, so an der Ostseeküste von Preussen, an der tripolitanischen Küste, an der atlantischen Küste von ganz Nordwestafrika u.s.w. Uebrigens gibt es auch genug Forscher der Sahara, die sich in diesem Sinn aussprechen. Am 7. September 1862 schreibt Moriz von Beurmann an Barth von Kuka aus, bei Beschreibung seiner Reise von Fesan über die Dünen: all diese Sandmassen sind durch Wasserfluthen hier aufgehäuft, nicht durch den Wind[13].

Wenn wir auf diese Art zur Entstehung der Dünen in der Sahara durchs Meer gekommen sind[14], so hängt andererseits die Form, die äussere Gestaltung derselben nur vom Wind ab. Im ganzen genommen repräsentiren sich die Dünen wie Wellen, als ob Wogen des Meeres plötzlich feste Form angenommen hätten, namentlich von der Vogelperspective aus betrachtet müssen die mit Sand bedeckten Gegenden so erscheinen. - Im allgemeinen streichen dieselben von Südost nach Nordwest, und die grosse Ausdehnung der Sandwüsten in der Sahara ist nur eine von West nach Ost oder umgekehrt; so weit wir bis jetzt die Sahara kennen, findet man keine vom Norden nach dem Süden.

Es gibt Dünen, die eine Höhe von 3-400 Fuss haben. In der Regel ist die eine Seite, zumeist die den herrschenden Winden entgegenstehende, äusserst steil, 35 bis 40deg., manchmal aber, wenn der Wind von der anderen Seite kommt, und bei sehr compactem Sande, hängt sogar der höchste Rand, oder besser gesagt, der Kamm des Dünenzuges gegen den Wind zu über, gerade als ob eine Welle im Begriff stünde, sich zu überstürzen, und die Steilheit der Wand bleibt dann. Diese der herrschenden Windseite zugekehrte Seite ist manchmal so steil, 35deg., dass, um Kamele hinüber zu treiben, man vorher Stufen auswählen muss. Die entgegengesetzte Seite fällt flach und leicht gekräuselt ab. Im grossen allgemeinen bewahren die Dünen ihren Standpunkt, namentlich ist eine Verschiebung von Nord nach Süd wohl nicht zu constatiren. Nur so kann man sich erklären, dass die tief ausgetretenen Karawanenwege, z.B. der von Ain-Ssala nach Rhadames, welcher unmittelbar südlich von hohen Dünen läuft, nicht unter Sand zu liegen kommt, oder dass die Seen der Oase des Jupiter Ammon, gleich nördlich von hohen Sanddünen gelegen, nicht von Sand verschüttet sind. Aber ein langsames Fortrücken von Osten nach Westen[15] lässt sich constatiren. So wird der Sebcha von Ain-Ssala nach und nach vom Sande verschüttet werden, und ein Theil der Palmgärten ist factisch schon unter Sand. Wie an der Ostseeküste ganze Dörfer vom Sande der Dünen verschlungen sind, so auch in Africa Leptis magna, wo seit neuester Zeit der Boden sich senkt, und ein Theil der Stadt schon vom Mittelmeer überfluthet ist; dieses wird zu gleicher Zeit von Sandauswürfen des Meeres überschüttet, und nach einem gewissen Zeitraum ganz vom Meere verschlungen sein. In meinem Tagebuche vom Jahre 1864 finde ich p. 105 über Igli am Ued Ssaura die Notiz: "Dieser Ksor ist augenblicklich von etwa 1500 Seelen bewohnt, früher war er stärker bevölkert, doch die Unzulänglichkeit der Nahrung, da der Sand täglich mehr die Umgegend des Ksor überschwemmt, hat eine grosse Partie der Einwohner zur Auswanderung gezwungen"[16].

Wenn wir indess so die bedeutenden Verheerungen constatiren können, die der Wind nach und nach auf die Sandmassen auszuüben im Stande ist, so sind die Wirkungen auch des heftigsten Sandsturmes keineswegs im Stande Menschen oder Thiere so zu verschütten, dass sie daran sterben könnten. Menschen und Thiere, wenn sie reichlich mit Wasser und Nahrung versehen sind, werden immer Kraft genug haben, den Staub und Sand von sich abzuschütteln. Gegen das Hineindringen des Staubes und Sandes in Augen und Nasen kann man sich durch Einwickelungen schützen (auch das auf den Boden werfen ist Fabel, natürlich legt man sich, sobald es orkanartig stürmt, weil das Gehen ohnediess unmöglich ist, und eine Karawane im Sandsturm auseinander gerathen wurde) oder dadurch, dass man Kleidungsstücke um den Kopf und vors Gesicht bindet. Findet man so häufig in der Sahara einzelne Gerippe von Menschen und Thieren, ja Haufen von Gerippen, die ganzen Karawanen angehörten, so ist der Grund des Todes nur Erschöpfung und Wassermangel gewesen.

Es ist hier der Ort, der Fabel zu gedenken: die vom Kambyses von Theben gegen die Oase des Ammon geschickte Armee sei vom Sande verschüttet. Sieben Tage sei das Heer von Theben aus durch die unbewohnte Wüste gezogen, und sodann seien sie am achten beim Frühstück von einem heftigen Südwind mit Sandwirbeln überfallen und verschüttet worden. Ritter scheint noch daran geglaubt zu haben, er berichtet auch von der Verschüttung einer 2000 Mann starken Karawane im Jahre 1805. Desor behauptete ebenfalls, die Armee des Kambyses ging durch Sandverwehung zu Grunde. Und doch kann nur Erschöpfung, Hunger und Durst, verursacht vielleicht dadurch, dass die Armee sich verirrte, oder absichtlich vom Wege abgeleitet wurde, der Grund des Unterganges gewesen sein.

Wenn, wie Belzoni will, in vielen Haufen von Knochen die Beste der Kambyses'schen Armee zu erblicken wäre, so wäre das ein directer Beweis für Nichttödtung durch Sandverwehung, denn wie könnte man sonst die Knochen sehen. Schon Minutoli sagt S. 202: "Das Heer des Kambyses und die Karawane von 2000 Mann, welche im Jahr 1805 verschüttet sein soll, erlagen vielleicht dem Chamsin[17] oder dem Durste, und erst die Leichname wurden mit Sand bedeckt, wie dies in unserem sandigen Norden in viel kürzerer Zeit geschehen dürfte. Ich habe bei wiederholtem Bivouakiren im Sande während heftiger Stürme nie mehr als einen unbedeutenden Sandanflug bemerkt!"

Dem kann ich noch hinzufügen, dass während der heftigsten orkanartigen Sandstürme, die tagelang anhielten, ich mit meiner Karawane nie Gefahr lief, zugeweht zu werden.

Im westlichen Theile der Sahara scheinen die Sandanhäufungen bedeutender zu sein als im östlichen, was eben daher kommt, weil die aus Osten kommenden oder mit Ostwind combinirten Winde in der Sahara überwiegen. Die ungemein flache und sanft ablaufende Westküste der Sahara nach dem atlantischen Ocean zu kann man sich dann auch ganz gut durch die hinzugewehten ungeheuren Quantitäten von Staub erklären, ja es ist nicht unwahrscheinlich, dass Africa an diesen Stellen, abgesehen von dem stets vor sich gehenden Senken oder Heben des Bodens, im Laufe der Jahrtausende durch die Sandablagerungen bedeutende Terrainvergrösserungen erhalten hätte.

Je nach der Mischung der einzelnen Körner hat der Sand der Dünen eine mehr dunkle, meist rothe oder heller weissliche Farbe. So zeigen sämmtliche Dünen nordwärts, von der Karawanenstrasse zwischen Tuat und Rhadames ein röthliches Aussehen. Diese rothe Färbung ist kleinen Partikeln von Eisenoxyd zuzuschreiben, wie Vatonne in seinen Analysen von Sand nachgewiesen hat. Gold hat Vatonne bei seinen Untersuchungen nirgends finden können.

Je nach der Sprache der Völker haben die Sandanhäufungen in der Sahara verschiedene Benennung. Im Westen nennt man die Dünen Igidi, Gidi, Idjidi, im Centrum Erg, Areg, im Osten Rmel, Remmel oder Remla. Je nach der Form hat man den Ausdruck Gurd, d.h. hohen Sandberg, Kelb, d.h. Hund (wie ein Hund geformt), Kübsch Schaf (d.h. wie ein Schaf) oder chaschem el kelb, chaschem-el-kebsch, Hundsnase, Schafsnase (d.h. so geformt), sif d.h. Schwert oder Kamm, Gräte einer Düne, Semla eine langgezogene Düne; eben das bedeutet auch das Wort Cheit, eigentlich Faden.

Wie im allgemeinen die Sahara sich durch dunkle Färbung aller Gegenstände auszeichnet, durch äussere Einflüsse hervorgerufen, so zeigen auch die Gebirgsmassen, die Felsen durchweg ein schwärzliches Colorit. Es würde aber irrig sein, desshalb immer gleich auf vulcanischen Ursprung der Gesteinsmasse zu schliessen. So weit uns bis jetzt die Theile der Sahara bekannt sind, ist die vulcanische Natur der Gebirge allerdings bedeutend überwiegend, daneben findet man aber fast überall Kalk und auch Sandsteinformation. Granitische Bildung erscheint erst südlich vom 17deg. nördl. Br. an, wie denn überhaupt nordwärts von dieser Linie nur auf den höchsten Theilen des grossen Atlas der Granit sich ans Tageslicht gearbeitet hat.

Wenn die Gebirge der Sahara auch bedeutend (so weit uns bis jetzt bekannt) niedriger sind als die von Europa, so sind sie an Ausdehnung keineswegs unbedeutender, z.B. das Harudj-Gebirge dürfte dieselbe Länge wie die Italien durchziehenden Apenninen[18] haben. Die Ahagar-Gebirge, eng verbunden mit den Adrar, Tasili und Muydir-Höhen sind an räumlicher Ausdehnung den Alpen Europa's gleich.

Als höchster bis jetzt bekannter Punkt der Sahara steht Tusside im Gebirge des Landes Tu (Tibesti) da. Nachtigal, während er selbst die Passhöhe, wo er den Hauptgebirgszweig überschritt, zu 6600 Fuss gemessen hat, schätzt die Höhe des Tusside noch mindestens um 1000 Fuss höher.

Nichts ist schauerlicher und grauenvoller als ein Gebirge in der Sahara. Die vollkommene Nacktheit der Bergwände ohne alle Vegetation, das schwarze düstere Aussehen der Gesteinsmasse, die sonderbare Form und eigenthümliche Gestaltung der Felsen, zum Theil hervorgerufen dadurch, dass man es meist mit vollkommen nackten, aller Erde entbehrenden Gebirgen zu thun hat, ein solches Sahara-Gebirge mahnt den Reisenden vielmehr daran, dass er in der grossen Wüste sich befindet, als es die ausgedehntesten Sanddünen thun könnten.

Abgesehen von den vielen Versteinerungen, Eindrücken und Schaalen von Seethieren, die auch im südlichen Theile der Sahara vorkommen, findet man dort zwei sehr eigenthümliche steinige Gebilde. Es sind das Steinnüsse, zoll- bis faustgross, die von schwärzlicher Farbe, inwendig hohl oder mit weissem Sande gefüllt sind. Von glasigem Klange, zeigen diese Kugeln nirgends eine Oeffnung. Sodann eigenthümliche glasige Röhren von grau bläulicher Färbung. Diese Röhren, die manchmal bis zu einem Fuss lang gefunden werden, haben meist den Durchmesser eines halben Zolles, man findet aber auch dickere. Die Wandung selbst ist äusserlich rauh und inwendig vollkommen glatt, an beiden Enden, oder doch an einem Ende ist ein krauser Rand nach aussen gebogen, ähnlich dem Capitäl einer corinthischen Säule. Es sind das Blitzröhren.

Der gebräuchlichste Name für Gebirge (und Berg zugleich) ist Djebel (arabisch), Adrar (berberisch) und Emi (teda). Sodann sind die Ausdrücke Ras, einzelner hervorragender Berg, auch Vorgebirge, Kuddia, Chor und Gor[19], einzelner Hügel, Fedj, Tenia, Tehe, Gara, Zeuge, Kaf, Felsen, Erküb, Okba, Mnsel Seitenwendung des Gebirges, Chareb Gräte oder der Kamm eines Gebirges, Chang oder Cheng Engpass, überall zu finden.

Den bedeutendsten Raum in der Sahara nehmen die mehr oder weniger ganz flachen Hochebenen ein. Sind diese mit scharfkantigen Steinen übersähet, so heissen sie Hammada oder Tanesruft, sind sie mit kleinen Kieselchen bedeckt, so haben sie den Namen Sserir. Hammada und Sserir sind immer vollkommen vegetationslos. Es könnte fast scheinen, als ob eine Hammada nicht unter Meer gewesen sei, wegen der scharfkantigen Steine, indess findet man auf vielen Hammada so zahlreiche Versteinerungen, dass man wohl nicht daran zweifeln kann. Die meisten Hammada und Sserir bestehen, was die Beschaffenheit des Bodens anbetrifft, aus Thon, der manchmal fast zu Stein erhärtet ist; meist ist die Farbe des Thonbodens durch starke Beimischung an Eisenoxyd eine rothe, daher so häufig das Beiwort hamer, hamra roth. Die Ebenen, welche am Saume der Sahara sich befinden und schon Spuren von Vegetation zeigen, nennt man Sahel.

Entgegengesetzt den Hochebenen sind die Tiefebenen, Einsenkungen oder Depressionen. Man bezeichnet sie im allgemeinen mit Hofra oder Djof. Eine wirkliche, d.h. tiefer als der Ocean gelegene Depression, ist bis jetzt in der Gegend südlich vom sogenannten libyschen Wüstenplateau nachgewiesen. Die Gegend des Schott el Mrhir ist ebenfalls eine Einsenkung, die sich vielleicht einst mittelst des Schott Rharnis und Schott el kebir bis zur kleinen Syrte fortsetzte. Höchst wahrscheinlich bestehen auch noch andere Einsenkungen in der Sahara, namentlich dürfte die auf den Karten im Westen der Sahara als "el Dschuf" bezeichnete Region, vielleicht eine tiefer als der Ocean gelegene Gegend sein. Viele aber von den Wüstenbewohnern mit "Hofra" bezeichnete Gegenden sind keine Depression in unserem Sinne, sondern nur relative Einsenkungen, tiefer gelegen als das sie umgebende Land.

Diese Einsenkungen können dadurch entstanden sein, dass der Erdboden bei der allgemeinen Hebung an dieser Stelle weniger oder gar nicht Theil nahm. Denn bei dem ungeheuer grossen Raum, den die Sahara einnimmt, geht natürlich nicht Hebung und Senkung gleichmässig vor sich. Wir haben davon heute noch den Beweis durch die ungleichmässige Hebung und Senkung der Küste von Nordafrica. Die abessinische Küste und nordwärts beide Ufer des rothen Meeres sind im Steigen begriffen[20], inclusive der Suesküste. Hingegen senkt sich der nordafricanische Boden bis Tunis. Der See Mensaleh war einst Land, die Cleopatra-Bäder sind wieder unter Wasser, alle Ruinen der Cyrenaica, die am Meere gelegen sind, rücken immer mehr in dasselbe hinein. Leptis magna ist zum Theil unter Wasser, zum Theil von vom Meere ausgeworfenen Dünen verschlungen. Tripolis selbst, welches früher längs des Meeres noch einen breiten und gehbaren Strand hatte, wird jetzt unmittelbar von den Wogen bespült, so dass seit circa 30 Jahren der Boden dort sicher um einen Fuss sich gesenkt hat[21]. Sabratha hat einen Theil seiner Ruinen im Wasser. Dieses Senken scheint sich bis zum Golf von Gabes zu erstrecken, da an der tunesischen Küste schon wieder Hebungen beobachtet wurden. Wenn wir so an dem äusseren Saume Nordafricas gleichzeitig eine verschiedene Erdoberflächen-Bewegung nachweisen können, sind wir auch berechtigt, solche im Innern annehmen zu dürfen.

Nach Desor ist die Ued-Rhir-Depression eine Auswaschung; wie dieselbe entstanden, wagt er vor der Hand nicht zu erklären. Wenn wir indess sehen, wie der Rhein den Bodensee, die Rhone den Leman-See, und verschiedene andere Flüsse Seen haben auswaschen und durchfliessen können, so ist die Annahme wohl erlaubt, dass der Ued-Rhir und der Schott-mel-Rhir einst Durchgangsseen des Irharhar gewesen ist. Durch Duveyriers Untersuchungen und durch Buderba's Reisen ist es vollkommen festgestellt, dass der Irharbar in den Ued-Rhir einmündet. Bei anderen topographischen und klimatischen Verhältnissen hat vielleicht früher der Irharhar bedeutende und immer fliessende Wasser geschwemmt, und die Rhir-Erosion wäre gewissermassen der "Bodensee" dieses Flusses gewesen. Alle Einsenkungen zeigen entweder Sand oder Thonboden, und oft sind sie die wahren Heime des Dünensandes.

Es wäre vielleicht natürlicher, nachdem wir die Areg Djebel-, Hammada-, Sserir- und Djof-Formationen der Sahara beschrieben haben, daran die Uadi-, Irharhar- und Sebcha-Läufe und Becken zu knüpfen; indess darf man das Bindeglied beider, die Oase, nicht unerwähnt lassen. Denn die Oase kann nur da sein, wo die Bodenbeschaffenheit im Verein mit dem Wasser dieses ermöglicht.

Aber auch überall da, wo Wasser ist, und wäre dieses selbst brakischer Natur, sehen wir, dass Grün hervorsprosst, dass Pflanzen gedeihen: es bilden sich Oasen. Barth schon betont es, dass selbst der anscheinend unfruchtbarste Sand bei Benässung sogleich ein reiches Pflanzenleben erzeugt.

Die Entstehungs- und Existenzbedingung einer Oase ist verschieden, so dass man danach auch verschiedene Arten von Oasen hat. Zuerst kann man nämlich unterscheiden zwischen Oasen, die oberflächlich fliessende, natürliche, oder unterirdisch fliessende, natürliche Bewässerung erhalten. Dahin gehören z.B. die Oase des Ued Draa, deren ganze Vegetation durch den oberflächlich fliessenden Draa bewässert wird, das obere Tafilet, das aus dem Sis seine Oasenbildung bekommt. Zu den zweiten Oasen, die durch unterirdisch fliessendes Wasser erzeugt werden, gehören z.B. Tafilet, d.h. nur das eigentliche Tafilet südlich von Ertib, der grösste Theil der nördlichen Oasengruppe von Tuat, und viele andere kleinere, südlich vom Atlas.

Sodann bat man Oasen, die gebildet werden durch stark aus der Erde hervorsprudelnde Quellen, z.B. Rhadames und die Jupiter-Ammon's-Oase. Oder solche, die entstehen, weil eine unterirdische nicht fliessende Wassermenge existirt, von der Erdoberfläche nur durch 1 bis 2 Fuss Sand oder Hamus entfernt, z.B. die Oase Kauar, viele Oasen von Fesan. Endlich solche, wo die Wasserschicht so tief ist (12'-30' tief), dass man es künstlich an die Oberfläche befördern muss, viele Oasen von Fesan, von Suf und andere. Endlich solche, wo das Wasser so entfernt von dem Sand oder Humusterrain ist, dass es nur durch künstliche Leitung aus der Umgegend hergeleitet und dann erst Veranlassung zur Oasenbildung gibt, so in Tidikelt und einigen anderen Oasen südlich vom Atlas.

Die zuerst erwähnten Oasen mit an der Oberfläche rieselndem Wasser finden sich nur an den Ab- und Ausgängen grosser Gebirge, namentlich südlich vom grossen Atlas. Es ist natürlich, dass mit der Länge des Laufes das Wasser immer spärlicher wird. Die Berieselung der unzähligen Felder, die enorme Verdunstung, die das Wasser in der trockenen Sahara erleidet, sind die Hauptursache daran. Nur nach ausserordentlichem Regen, verbunden mit Schneeschmelzen, ist Frühjahrs der Draa im Stande, den Ocean zu erreichen; andere Flüsse aber bilden um die Zeit von ihrem Ueberflusse Sebcha, Sümpfe und Seen. Oasen mit oberflächlich rieselndem Wasser sind die glücklichsten von allen. Das reichliche Wasser nöthigt die Bewohner nicht auf ängstliche Zeiteintheilung bei Bewässerung der Culturen zu sehen, und das oberflächlich rieselnde, Wasser erniedrigt zugleich die Temperatur, theilt der Luft im Thale Feuchtigkeit mit, so dass auch Fruchtbäume der Mittelzone in diesen Oasen gedeihen. Da der Boden in diesen Flussoasen nicht gleichmässig sich abdacht, so haben als erste und einzige grössere Arbeit die Bewohner nur für grössere Canäle zu sorgen, die, von der Quellgegend herausgebend, auf ihr entsprechendes Unterland sich verästeln.

Die durch unterirdisch fliessendes Wasser entstandenen Oasen sind, was Vegetation anbetrifft, nicht so günstig wie die eben beschriebenen, denn wenn auch in den grösseren Thälern das ganze Jahr hindurch der Grund feucht bleibt, so ist die Hauptfeuchtigkeit doch nur im Frühjahr bemerkbar, nur dann findet Bestellung der Felder mittelst der Hacke statt. Den Einwohnern dieser Oasen ist dafür die Canalarbeit erspart.

Glückliche Oasen kann man auch solche nennen, deren Bewässerung durch aus der Erde sprudelnde Quellen geschieht. Jedoch haben auch hier die Bewohner in der Regel einen Kampf mit dem Boden zu bestehen. Abgesehen davon, dass zuerst das zu bewässernde Terrain durch Fortnahme des Erdreiches tiefer gemacht werden muss, erleidet der Boden selbst durch Düngung und durch vom Winde hineingetriebenen Sand immerfort eine Aufhäufung, die stets wieder entfernt werden muss. Zudem hat, in den meisten dieser Oasen die Bevölkerung derart zugenommen, dass das aus einer einzigen Quelle oder wenn auch aus mehreren entspringende Wasser kaum hinreichend ist. Es hat das erfordert, dass man in solchen Oasen auf eine genaue Zeiteintheilung bei der Vertheilung des Wassers hält.

Sehr bequem für die Bewohner sind solche Oasen, die eine dicht an die Oberfläche des Erdbodens tretende Wasserschicht besitzen, aber sie, produciren nur Palmen, wollen die Bewohner Getreide und Gemüse bauen, müssen sie, mögen die Brunnen auch noch so wenig tief sein, dennoch das Wasser aus den Wasserlöchern auf die Oberfläche des Erdreiches selbst befördern.

Die meiste Arbeit ist den Bewohnern aufgebürdet, wo das Wasser so tief ist, dass die Wurzeln der Palmen die Wasserschicht nicht mehr erreichen. Die Art und Weise, das Wasser aus diesen tiefen Brunnen herauf zu befördern, die Anlegung der Brunnen selbst ist eine verschiedene. Es gibt Brunnen (von den Franzosen in der algerischen Wüste angelegt), die eine Tiefe von 500 Fuss haben. Aber glücklicherweise für die Bewohner der respectiven Oasen sind solche Brunnen sprudelnde; diese artesischen Brunnen erzeugen und bewässern sodann die Oasen wie die durch die Natur herausgetriebenen Quellen. Die Art, das Wasser ans 20-50' tiefen gegrabenen Brunnen an die Oberfläche zu fördern, geschieht entweder einfach durch Eimer aus Leder oder Holz, welche von Menschen handtiert werden, oder auf complicirtere Art.

Letztere Brunnen beruhen entweder auf dem Nuera- oder Noria-System, oder auf dem Ziehsystem. Erstere bestehen aus Rädern, einem horizontalen, welches durch Zähne, in ein verticales greift, um das ein endloses Tau läuft, woran Töpfe befestigt sind. Diese Töpfe gehen bis auf die Fläche des Wassers, und vollgeschöpft bringen sie es an die Oberfläche. Gedreht werden diese Räder durch alle in der Wüste vorkommenden Thiere, entweder durch Kamele, oder durch Esel, Rinder, Pferde und Maulthiere. Wie die Nuera-Brunnen eine arabische Erfindung der Mohammedaner in Spanien sind, so sind auch die Schläuche mit doppelter Mündung eine Erfindung der Araber. Um diese bei Brunnen anzuwenden, müssen sie einen geneigten Aufgang haben, d.h. der Rand des Brunnens muss künstlich erhöht werden, oder vom Brunnen aus eine Vertiefung abwärts gegraben werden, von der Menschen und Thiere ablaufen können. Der Schlauch selbst hat eine grosse Oeffnung, um das Wasser aufzunehmen, eine kleine, um es ausgiessen zu lassen. Beim Heraufziehen des vollen Schlauches hängen beide Oeffnungen gleich hoch, es kann also nichts ausfliessen, hat aber der Schlauch den Rand des Brunnens erreicht, so bleibt die grosse Oeffnung stehen, die kleine senkt sich und das Wasser fliesst heraus. Diese Schläuche, die je nach ihrer Grösse von Menschen und Thieren heraufgezogen werden, halten bis zu 200 Liter Wasser. Leute, welche angewiesen sind, auf solche Art ihre Oasen zu bewässern, haben das ganze Jahr keine Ruhe, kein mühseligeres Leben kann man sich denken, als Tag und Nacht zu arbeiten, um das Wasser künstlich an die Oberfläche zu befördern, damit der mühsam bearbeitete Boden für die Pflanzen damit getränkt werde. Am eigenthümlichsten ist das Bewässerungssystem der Fogara, wie es in Tuat gebräuchlich ist. Es hat jedenfalls viel Nachdenken dazu gehört, um auf diese Art Oasen künstlich zu schaffen. Die Fogara sind nämlich unterirdische Canäle, oft viele tausende Schritte lang. Da wo die Eingeborenen Wasser vermutheten und fanden, wegen des steinigen und unergiebigen Terrains dasselbe aber nicht verwerthen konnten, überdiess das Wasser zu spärlich war, um es ohne künstliche Vereinigung zu gebrauchen - da haben die Eingeborenen jenes Fogarasystem oder, wie Henry Duveyrier es nennt, "Gallerie-Brunnen" erdacht. Und da man die Erfahrung gemacht hatte, dass bei offenen, schwachen Rinnen das Wasser zu sehr durch Verdunstung verlor, so sind alle diese Gallerien oder Canäle unterirdisch angelegt.

Das Ganze kann man sich denken wie einen Baum, alle Canäle convergiren nach einem Hauptcanal zu, der alles Wasser sammelt und dahin befördert, wo Oasen gebildet werden sollen. Die unterirdischen Canäle sind circa zwei Fuss im Durchmesser haltende ziemlich runde Gänge, von Zeit zu Zeit befindet sich nach oben eine Oeffnung, durch welche die ehemaligen Werkleute ihre mühevolle unterirdische Arbeit begonnen und ausgeführt haben. Diese Oeffnungen sind jedoch mit grossen Steinen verlegt, damit auch aus ihnen keine Verdampfung erfolgen kann. Einmal vollendet, leistet eine starke Fogara eben denselben Dienst wie ein kleiner Bach.

Je nach ihrer Beschaffenheit haben die Brunnen einen verschiedenen Namen. Der Name Ain (arabisch) oder Tit (berberisch) galle (teda) bedeutet überhaupt Quelle. Bir ein tiefer Brunnen, Hassi ein künstlicher, Ssenia ein Brunnen, aus dem man mit Schläuchen, die doppelte Mündungen haben, Wasser heraufholt, Fogara unterirdischer Canal, Seggia oberirdischer Canal; ausserdem existiren aber noch verschiedene Ausdrücke für Brunnen und Canäle, namentlich die Verkleinerungen.

Das Wort Oase ist in der Sahara nicht bekannt. Nach Ritter kam dieses Wort von den Aegyptern den Griechen zu. Im Zusammenhang damit steht das im Osten der Sahara für Oase gebräuchliche Wort "Uah", welches im Koptischen Wohnung bedeutet. Grössere Oasen wie Tafilet, Fesan etc. werden in der Sahara mit "Bled" Land, benannt, kleinere nennt man Rhabba, Wald, Rhout, kleiner Wald; oft hat das Wort Ued, Uadi auch die Bedeutung von Oase.

In der ganzen Sahara gibt es kein einziges Flussbett welches beständig Wasser fortschwemmte. - Beansprucht man den Draa noch für die Sahara, so weiss man, dass derselbe nur ausnahmsweise sein Wasser zum Ocean sendet, in der Regel fliesst es nur bis zu dem Punkte, wo er seinen Lauf von der südlichen Richtung in eine westliche umändert, aber unterirdisch fliesst er das ganze Jahr. Das Flussthal, welches zur Entstehung der Oase Tuat Veranlassung gibt, und im Norden aus einem zahlreichen Astsystem entsteht, hat nur an ganz einzelnen Stellen oberflächlich Wasser. Der Mia und der Irharbar, Flüsse mit sehr breiten Betten, haben fast nie oberirdisch fliessendes Wasser. Aber welche colossale Wassermenge musste dazu gehört haben, um Flussbette zu bilden und auszuschwemmen, wie wir sie jetzt in der Wüste finden. Der Irharhar z.B. hat eine Breite, die an manchen Stellen mehrere Stunden beträgt. Und wie tief und vom Wasser ausgewaschen sind die Ufer dieser Flüsse. Wir sind also wohl zur Annahme berechtigt, dass einst bei anderen topographischen Verhältnissen andere klimatische in der Sahara waren, und die zahlreichen Versteinerungen ganzer Wälder sagen deutlich genug, dass vormals bei anderen Bedingungen mehr Vegetation in der Sahara war, folglich auch reichlicher Regen fiel; daher die vielen und oft erstaunlich langen, breiten und tiefen Flussbetten.

Etwas haben die Flüsse der Sahara gemein: einen langen Verlauf, ein umschriebenes Astsystem und den Stamm ohne Nebenflüsse. Auch den Nil könnte man in dieser Beziehung für die Sahara reclamiren. Es ist das auch eine nothwendige Folge. Die Ströme- und Flüsse der Sahara müssen so construirt sein. Aus solchen Gegenden entspringend, wo starker, regelmässiger feuchter Niederschlag ist, auf dem Atlas, vom Ahagar-Gebirge, oder, rechnen wir den Nil auch zu den Wüstenflüssen, aus dem feuchten Centralafrika, durchzieht oder durchzog der Fluss sodann Gegenden, welche alles Regens ermangeln, die ihm also auch keine Nebenflüsse mehr beisteuern können. Man benennt ein Flussbett mit Ued oder Uadi, das Wort Irharhar bedeutet nichts weiter wie Fluss; nach Duveyrier bedeutet Agheser auf Targisch Fluss, Flussbett, im Teda bedeutet Hendere Flussbett, Foti der Fluss.

Sind in der Sahara zahlreiche Flussbetten, so setzt es nicht minder in Erstaunen, wie reich dieselbe an Seebecken, ja auch an Seen ist. Am häufigsten finden wir diese da, wo Depressionen sich befinden, aber auch an anderen hoch gelegenen Oertlichkeiten, z.B. in Fesan. Wie stark muss aber der unterirdische Zustrom von Wasser sein, um in der Sahara einem See das Wasser zu erhalten, bei der ungeheueren Verdunstung, die Tag für Tag stattfindet.

Verdunsten diese Seen, so findet Sebcha-Bildung statt, das heisst, es bildet sich eine harte Oberfläche mit schlammiger, sumpfiger Unterlage. Es gibt Seen, die so salzhaltig sind, wie z.B. der von Bilma, dass statt einer salzerdigen Kruste sich eine reine Salzkruste bildet; ähnliche Vorgänge kann man an anderen Orten der Sahara beobachten. Es ist eigenthümlich, dass nach der Verdunstung des Wassers, die Sebcha-Oberfläche immer in sehr regelmässige, meist sechseckige Polygone zerklüftet. Ist aber das Terrain des Bodens sehr salzhaltig, so entstehen trockene Wellen oder Schollen. Der Sebcha von Tamentit machte auf mich den Eindruck eines plötzlich erstarrten Meeres, dessen Oberfläche gekräuselt gewesen. Man könnte zur Vermuthung kommen, dass die Kräuselung des Bodens wirklich Folge von Wasserwellen sei, bei der Unregelmässigkeit der über- und durcheinander geworfenen Schollen ist aber daran nicht zu denken. Wie und wodurch diese Schollen diese eigenthümliche, oft senkrecht aufgerichtete Stellung, ähnlich einer Stromeisdecke beim Eisgang, annehmen, ist mir nur so erklärlich, wenn ich denke, dass das Trocknen der Oberfläche ungleich vor sich geht, die Feuchtigkeit im Innern ungleich vertheilt ist, und so eine Verschiebung stattfindet.

Sebcha mit gekräuselter Oberfläche sind indess weit seltener als die mit polygonaler Zerklüftung. Es gibt Sebcha von grosser Ausdehnung, auf Inseln darin ragen manchmal Oasen daraus hervor. Sebcha-Bildung kommt ebenfalls im Norden von der Sahara auf den Atlashochebenen vor, man nennt sie dort Schott.

Man nennt in der Sahara grössere Becken mit Wasser Behar, auf targisch Adjelman, Tümpel Rhadir, auf targisch Abankor, Salz-Sümpfe Sebeha, auf targisch Gurara, endlich Süsswasser-Sümpfe, die indess äusserst selten vorkommen, Daja; Süsswasserseen hat man bis jetzt in der Sahara nicht entdeckt. In der Toda-Sprache sind mir die Ausdrücke für See und Sebcha nicht bekannt.

Ganz verschieden von sämmtlichen Klimaten der Welt zeigt sich das der Sahara. Natürlich! denn das Klima ist nicht nur bedingt von der Breite der Zone der Erde, sondern von der localen Bodenbeschaffenheit.

Vor allem muss hervorgehoben werden die ausserordentliche Trockenheit der Luft, nicht etwa Folge des sterilen Bodens der Sahara, sondern der herrschenden Winde. Wir haben schon angeführt, dass im allgemeinen die Nordwinde und die, mit diesen verbundenen die herrschenden sind, die Anordnung der Dünen bezeichnet das am deutlichsten. Diese Nordwinde nun sind keine Wolken bringende Seewinde, sondern der Feuchtigkeit beraubte. Wehen aber ausnahmsweise Westwinde, die vom atlantischen Ocean Wolken herbeibringen, so ist in den meisten Fällen die strahlende und aufsteigende Hitze der Art, dass die Wolken zerstreut werden, ehe es zur Regenbildung kommt.

Die in der Sahara vorherrschende nördliche Luftströmung ist es denn auch, welche durch eine südliche verdrängt, Nordafrica und das Mittelmeer erreicht, an die Alpen schlägt und nach Escher unsere Gletscherbildung in den Alpen so reducirt hat, wie wir sie heute finden. Dass diese Winde, die man je nach der Oertlichkeit Gebli oder Chamsin nennt, in der That aus der Sahara stammen, dafür liegen hinlängliche Beweise vor. Wenn man in Malta im gewöhnlichen Leben den südlichen Sirocco einen feuchten Wind nennt, so ist das einfach falsch. Ich habe in Malta mehreremale Sirocco erlebt und mein Hygrometer zeigte trotz der nebelhaften Luft, einen aussergewöhnlich tiefen Standpunkt, d.h. trockene Luft. Dieses nebelhafte Aussehen ist eben keine Feuchtigkeit, sondern wird verursacht durch unendlich kleine Staubtheilchen in der Atmosphäre. Ich habe seiner Zeit Herrn Rosenbusch, Superintendent der Telegraphen im Mittelmeere und wohnhaft in Malta, auf den Stand des Hygrometers in Malta während des Scirocco aufmerksam gemacht. Ein gleiches Resultat zeigen die Psychrometer.

Würde man sichere Vergleichungen haben zwischen Europa und Africa an Tagen, wo rother Staubfall beobachtet worden ist, so würde man wohl immer zu dem Resultate kommen, dass wenn in unserm Erdtheile ein heisser Wind mit oder ohne Staub weht, dieser in der Sahara seinen Ursprung hat, und zum Theil namentlich in der nördlichen Sahara schon vorher wehte. Der von Ehrenberg beschriebene Scirocco-Staub vom 23-24. März 1869 wurde von mir bei heftigstem SSO. Wind in Gai Gab beobachtet. Der Wind drehte sich dann durch S. nach SSW., war Nachmittags am 24. März W., und Nachmittags am 25. März NW. Wenn der Staub am 24. März bei den Dardanellen aus Nordost niederfallen konnte, so kann man das bei dem hoch aufgewirbelten Staube aus der Drehung des Windes erklären.

Gerade die meist röthliche Färbung des Staubes lässt die Herkunft aus Africa, dem rothen Lande par excellence, am wahrscheinlichsten erscheinen. Am 10. März, als in Subiaco und Isola di Sora bei Neapel rother Staubfall war, beobachtete ich zu der Zeit in Tolmetto (Cyrenaica) bei orkanartigem Winde Sandsturm aus SO.

Selbst die rothe Färbung des Schnees oder das Fallen rothen Staubes, welches man in der Nordzone beobachtet hatte, dürfte durch Luftströmung dahin getragen aus der Sahara stammen. Wie weit die kleinsten anorganischen und organischen Partikeln durch Luftströmungen überhaupt getragen werden können, beweist wohl der im Juli 1869 beobachtete Höhenrauch in Neapel. Jedenfalls stammte dieser Höhenrauch oder richtiger Moorrauch aus Norddeutschland, wie sich derselbe nach Prestel 1857, vom 10-19. Mai, auch bis Krakau und nach Russland hin ausdehnte.

Der wegen der Hitze hoch in die Atmosphäre getriebene Ost- und Südostwind der Sahara, kommt also in der Regel als Südwind, als Föhn, an unsere Alpen, vermöge des Dehnungsgesetzes; mit vollem Rechte möchten wir daher die schönen Worte Desors: "Die Sahara ist der grosse Regulator unseres Klima's" unterschreiben. Die Nähe der Sahara kann man ebenfalls nicht als Einwand gelten lassen, denn nicht in der nördlichen Sahara, sondern erst zwischen den c. 18deg. und 25deg. nördl. Br. steigen hauptsächlich die heissen, leitbaren Lüfte nach oben. Und wenn man annimmt, dass die Abweichung, die Drehung der Winde je nach der Geschwindigkeit eine grössere oder geringere sein muss, so finde ich nichts auffälliges darin, dass ein Sandsturm, der ursprünglich aus Ost oder Südost, z.B. über Wadjanga, sich erhob, später über Fesan aus Süd, über Tripolis Südwest, über dem Mittelmeer Nordwest, über dem türkischen Reiche aus Nord oder Nordost wehen kann, ohne deshalb bei der Leichtigkeit der Staubtheilchen, bei der ungeheuren Geschwindigkeit schon allen Staub verloren zu haben. Wenn Kuhn[22] sogar, und vielleicht mit Recht, die Wirkung der heissen Sahara-Luft bis auf die arktische Gegend sich erstrecken lässt, um wie vielmehr ist man dann berechtigt, mit Escher, Desor, Martin und anderen anzunehmen, dass der Gebli oder Chamsin in der Sahara, der Föhn in der Schweiz ist.

Ein Gebli zeigt sich meistens schon einige Stunden vorher dadurch an, dass die Sonne gluthroth gefärbt erscheint, namentlich ist dies der Fall, wenn die Sonne Morgens noch tief am Himmel ist. Es ist entsetzlich, wenn sodann die schreckliche Wolke sich naht, und wie beim tief umwölktesten Himmel tritt Finsterniss ein. Nichts widersteht, aufgeschlagene Zelte, wenn auch durch eiserne Pflöcke an dem Boden gehalten, zerreissen, handgrosse Steine rollen über den Sand, und dieser selbst, wenn er auf die blosse Haut getrieben wird, erregt ein schmerzhaftes Gefühl. Instinctartig drehen sich gleich die Menschen und Thiere von der Windseite ab, die Kamele machen ohne Commando Halt und knien nieder, die Pferde suchen ängstlich Schutz bei den Menschen, und es bleibt nichts anderes übrig, als mit Geduld das Ende dieses rasenden Orkanes abzuwarten.

In der Regel dauern diese Stürme, welche wenigstens eine Geschwindigkeit von 30 Meter in der Secunde haben, einige Stunden, höchstens einen halben Tag; nur ausnahmsweise beobachtet man Orkane, die mit gleicher Heftigkeit mehrere Tage anhalten. Den stärksten und längsten Sturm erlebte ich östlich von Audjila, derselbe dauerte 4 Tage und Nächte vom 17.-20. April[23] im Jahre 1869. Der Wind blies mit entsetzlicher Geschwindigkeit und die ganze Windrose wurde mehrmals durchlaufen, bis an den letzten beiden Tagen die Richtung vorwiegend aus Nordwest war; in meinem meteorologischen Tagebuche steht notirt: "Alles ein Staubmeer." Der Staub war so durchdringend, dass doppelt verschlossene Kisten damit erfüllt waren, und alle meine Uhren unbrauchbar gemacht wurden. Sollte dieser Sturm in Europa nicht beobachtet sein, so bin ich geneigt anzunehmen, dass derselbe ein localer grossartiger Wirbelwind gewesen ist.

Nirgends vielleicht in der Welt hat man Gelegenheit, so viele Wirbelstürme wahrzunehmen, weil alle sichtbar sind, durch den mehr oder weniger mitgeführten Staub; kleinere Windhosen kann man täglich beobachten, sie sehen aus wie eine umgestürzte Rheinweinflasche und zeigen die um sich selbst drehende Bewegung, dann eine andere nach der Richtung des Windes; grössere Windhosen erreichen eine Höhe von mehreren hundert Fuss, kleinere sind 20-50 Fuss hoch, erstere jagen oft mit rasender Geschwindigkeit vorüber.

Höchst eigenthümlich sind die elektrischen Erscheinungen, die jedesmal im Gefolge der Südost- und Südwinde sich zeigen. Schon Lyon machte darauf aufmerksam, sodann beobachtete Duveyrier dieselben Erscheinungen. Die Luft ist nämlich derart mit Elektricität geladen, dass man aus wollenen oder seidenen Kleidungsstücken knisternde Funken schütten kann, die Nachts sichtbar sind. Von den drei Beobachtungen Duveyrier's sind zwei nach einem heftigen und schrecklichen Winde notirt, die dritte ohne Wind. Bei letzterer Beobachtung war wahrscheinlich in der Nähe oder am Tage vorher Sturm gewesen, wie denn auch aus seinen meteorologischen Tabellen der Tag vorher mit Westwind 3 notirt ist.

Und wie Duveyrier constatirte, dass Abends sein Pferd durch Schlagen mit dem Schweife electrische Funken umherstreute, so habe ich häufig nach einem starken Gebli einem weissen Hunde durch Streicheln Abends knisternde Funken entlocken können. Diese elektrischen Aeusserungen sind den Völkern der Sahara bekannt, sie behaupten, nach jedem heftigen Winde könne man diese Erscheinung beobachten.

Gewitter sind in der eigentlichen Sahara äusserst selten, desto häufiger beobachtet man an den südlichen Gränzen der Wüste Wetterleuchten. Bei vollkommener Windstille hat die Luft eine ungemeine Transparenz, so dass man entfernte Gegenstände leichter und deutlicher wahrnehmen kann; aber äusserst selten sind diese vollkommen ruhigen Tage, daher es denn auch nicht häufig ist, dass man einen ganz klaren Himmel sieht; sondern dieser erscheint mehr oder weniger schmutzig blau oder verschleiert. Auffallend häufig beobachtet man Mondhöfe, manchmal zur Zeit des Mondes jede Nacht. Feuchtere Lüfte haben sich dann von Norden oder Westen in den leeren Raum, den die aufgestiegenen heissen Lüfte erzeugten, ergossen; aber nie sind die Lüfte derart mit Feuchtigkeit geschwängert, dass sie als Regen oder Thau niederschlugen. In der Centralsahara regnet es fast nie.

Sobald die Sonne einige Stunden geschienen hat, erzeugen sich die Fatamorgana-Erscheinungen. Es scheint, dass diese Luftspiegelungen an gewisse Oertlichkeiten stets gebunden sind. Man beobachtet sie indess nicht nur auf Ebenen, wie Duveyrier annimmt, sondern auch im durchschnittenen Terrain. Die aufgeregte Phantasie mancher Reisenden erzählt von Schlössern, lachenden Gärten, Blumen, Rossen und Reitern. Dergleichen habe ich nie wahrnehmen können. Wie bei uns in beissen Tagen die Luft in zitternde Bewegung geräth, so ist das in der Sahara in noch verstärktem Mass der Fall. Dieses Zittern, Wellenschlagen der Luft im Vereine mit der Strahlenbrechung erzeugt jene Bilder, die im höchsten Grade sich ausnehmen, als ob man einen See sehe.

Wenn die barometrischen Schwankungen in der Sahara gering sind, so sind die thermometrischen desto grösser. Im Winter sowohl wie im Sommer ist ein Fallen und Steigen von 20deg. das Gewöhnliche. Im Winter kann das Thermometer in Fesan z.B. auf -3deg. fallen, erreicht dann aber noch am selben Tag im Schatten Nachmittags +20deg.. -3deg. bis -5deg. dürfte überhaupt die grösste Kälte sein, die in der Sahara beobachtet wird. Dahingegen giebt es Oertlichkeiten, wo in der heissen Jahreszeit das Thermometer Nachmittags im Schatten regelmässig auf mehr als 50deg. C. steigt (in Kauar), und selbst des Nachts die Temperatur so wenig abkühlt, dass Morgens vor Sonnenaufgang, wo doch die Atmosphäre am kältesten ist, das Thermometer noch über 20deg. C. zeigt. Eine Durchschnitts-Temperatur für die ganze Sahara lässt sich jetzt noch nicht geben, selbst von einzelnen Oertlichkeiten hat man dieselbe noch nicht bestimmen können.

Im allgemeinen kann man sagen, dass das Klima der Sahara, obschon an einigen Theilen die grösste Hitze herrscht, die man überhaupt auf der Erde beobachtet hat, ein sehr gesundes ist. Die oft absolute Trockenheit der Luft (mein Hygrometer von Secretan in Paris zeigte oft, namentlich bei heissen Sandstürmen, nur 3deg. relative Feuchtigkeit) scheint keineswegs einen nachtheiligen Einfluss auf die Gesundheit auszuüben.

Namentlich scheint die trockene Luft eine wohlthätige Wirkung auf die Lungen auszuüben, und ist ein sehr wirksames Mittel bei selbst vorgeschrittener Tuberculose.

Aber einst wird die Sahara verschwinden, das Verbreiten der Pflanzen vom Süden nach dem Norden ist im Zunehmen begriffen, der Boden wird dadurch nach und nach in Humus umgeschaffen werden, sich mit Wäldern bedecken, und die regelmässigen feuchten Niederschläge von Centralafrica werden weiter nach Norden zu rücken. Gehen auch noch tausende von Jahren darüber hin, einst wird die grosse Wüste keine Wüste, sondern Culturland sein. Der Mensch selbst, wenn die Nothwendigkeit eintritt, wird mithelfen, und "dann wird die Sahara das sein (Worte Desors), was sie nie gewesen, eine Grassteppe, eine mit Savanen bedeckte Ebene, oder ein Culturland; unsere Alpen werden zu ihrem eigentlichen Klima gelangen, welches ein verhältnissmässig kälteres als das gegenwärtige und milderes als das frühere zur Eiszeit wäre."

[8] Behms geogr. Jahrbuch 1866.

[9] Klödens Geographie.

[10] An andern Orten habe ich nachgewiesen, dass die beste Grenze der ganzen Sahara durch ein kleines, aber sich oft sehr fühlbar machendes Thier gezogen ist - den Floh. Wo dieser aufhört, auch bei den Reisenden wie durch ein Wunder davon absteht sie zu begleiten, beginnt die Sahara,

d. h. die Gegend der absolut trockenen Luft.

[11] Natürlich nur annähernd zu verstehen; so rechnet z.B. Cannabich zwischen 18deg. und 31deg. nördl. Br. 1deg.-48deg. östl. Länge v. F., und kommt zum Resultate von 80-100,000 Quadratmeilen für die Sahara.

[12] Ich kann nur noch wiederholen, dass weder Mohammed Gatroni, noch Mulei Besserki, noch Hadj Mustafa el Rhati, lauter tüchtige Gewährsmänner, etwas von einem anderen Anaï ausser dem in Kauar (Bilma) wussten, und dort sind gar keine Sculpturen oder Zeichnungen.

[13] Zeitschrift für Erdkunde.

[14] Wenn Desor behauptet, dass die Dünen einen Kern von dichterem Sand besitzen, so erklärt sich das einfach aus dem Gesetz der Schwere, je tiefer, desto fester liegt der Sand aufeinander, ebenso wie bei den noch jetzt aus dem Meer ausgeworfenen Dünen.

[15] Nach Duveyrier von NO. nach SW.

[16] Henry Duveyrier schreibt das Verlassen der Oerter et Menzeha im Südwesten von Ourgla und Es-schoud im Westen von Rhadames der Invasion des Sandes zu.

[17] Heisser, trockener Südwind.

[18] Namentlich wenn das sogenannte Soda-Gebirge, welches eine Verlängerung des Harudj nach dem Westen ist, hinzugerechnet wird.

[19] Gor oder Chor ist ein ebenfalls im Keltischen für Berg gebräuchliches Wort.

[20] Peschel, neue Probleme der vergleichenden Erdkunde und Dr. Klunzinger, Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde. Berlin, 7. Band, Heft I, 1872.

[21] Vom Hafen nach dem Casbah-Thore gegangen zu sein, erinnert sich die in Tripolis lebende Generation; jetzt ist das nicht mehr möglich.

[22] Ueber die Ursachen des eisfreien Meeres, etc. von Freiherrn von Kuhn, "Ausland", 1871, Nr. 21.

[23] Es wäre interessant zu erfahren, ob man an diesen Tagen nicht auch in Europa Staubfall beobachtet hat.


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